Der "Brexit" ist ein blaues Kuschelmonster
Von Anita Staudacher
Wie sieht der Brexit eigentlich aus? Die Niederländer haben sehr konkrete Vorstellungen: Er ist groß, blau, haarig und macht nur Ärger. Außenminister Stef Blok landete einen Twitter-Hit, als er sich mit einem lässig lümmelnden „Brexit“ auf seinem Schreibtisch fotografieren ließ. „Stellt sicher, dass euch der Brexit nicht im Weg steht – oder liegt“, kommentiert der Politiker das Foto.
Das Brexit-Kuschelmonster ist Maskottchen für eine Kampagne der Regierung, die niederländische Unternehmen für die möglichen Auswirkungen des geplanten EU-Austritts sensibilisieren soll. Unter brexitloket.nl können die Betriebe ihre persönliche Betroffenheit ermitteln und eine „To-Do-Liste“ abrufen, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein.
Böse Überraschungen ...
Die Nacht auf den 30. März bereitet auch österreichischen Unternehmen Kopfzerbrechen. Die Wirtschaftskammer (WKO) hat daher ebenfalls eine – eher nüchterne – Infoseite eingerichtet. Ständig tauchen neue Fragen auf. Was ist zum Beispiel, wenn ich Waren aus Österreich vor dem 30. März auf einer Messe in Großbritannien ausstelle und erst danach wieder zurück nach Österreich verfrachte? „Dann könnte es eine böse Überraschung geben“, sagt Christian Mandl, Leiter der Abteilung EU-Koordination in der WKO, es könnten Zölle fällig werden.
... Lagerräume zu Wucherpreisen
Bunkern was geht, lautet daher die Devise vieler europäischer Produzenten. Die Lagerbestände langlebiger Güter werden ebenso vorsorglich hochgefahren wie jene von wichtigen Medikamenten sowie Zulieferteilen der Produktionen in Großbritannien. Die Nachfrage ist so groß, dass gewerbliche Anbieter von Lagerräumen nahezu jeden Preis verlangen können und das Geschäft ihres Lebens machen. In manchen Städten sollen die Lagerkapazitäten schon knapp sein, berichten Unternehmen, die schon fast zu spät dran sind.
Eine holprige Notfallaktion ...
Um im Fall eines ungeregelten Austritts das erwartete Stauchaos am Hafen in Dover zu begrenzen, schloss die britische Regierung vorsorglich Verträge mit drei Reedereien aus Frankreich, Dänemark und Großbritannien. Diese sollen zusätzliche Fährverbindungen zum EU-Festland gewährleisten. 120 Mio. Euro ist dem Staat die Entlastungsoffensive auf See wert. Die Sache hatte nur einen kleinen Haken: Die neu gegründete, britische Fährgesellschaft Seaborne verfügt über kein einziges Schiff, weil sich eine Partnerfirma unerwartet zurückzog. Erst nach viel Kritik kündigte die Regierung den Vertrag mit Seaborne wieder.
... und ein Spiel zur Entspannung
Wer das Brexit-Chaos mit britischem Humor nehmen möchte, sollte sich im Online-Simulationsspiel von Bloomberg „Pick your own brexit“ (Bastel deinen eigenen Brexit, Anm.) versuchen. Überraschende Wendungen garantiert.