Chefsuche für ÖIAG auf Zielgeraden
Von Franz Jandrasits
Bei der Wahl des neuen Chefs für die Staatsholding ÖIAG am 7. September könnte es durchaus eine Überraschung geben. Zuletzt waren Insider davon ausgegangen, dass es zu einem Kopf-an Kopf-Rennen zwischen dem ehemaligen steirischen ÖVP-Landesrat Herbert Paierl und Ex-AUA-Vorstand Peter Malanik kommt. Ersterer gilt als Wunschkandidat von Finanzministerin Maria Fekter, die sich einen ÖIAG-Chef vorstellt, der mit den politischen Implikationen dieses Jobs umgehen kann. Malanik gilt bei etlichen Aufsichtsräten trotz der schlechten Performance der an die Lufthansa verkauften heimischen Airline als fähiger Manager.
Mit der Bewerbung des ehemaligen Österreich-Chefs des Computer-Herstellers Hewlett Packard (HP), Rudolf Kemler, könnten die Karten aber neu gemischt werden. Der 56-Jährige gilt als konservativ, aber parteipolitisch unabhängig. Was dem ÖIAG-Aufsichtsrat, der mit politischen Zurufen seine lieben Probleme hat, gefällt. Weiters spricht für Kemler seine internationale Erfahrung als Manager. Nach diversen Funktionen bei Siemens-Nixdorf übersiedelte Kemler in die Chefetage der Finanztochter des Elektroriesen General Electric, GE Capital in Kalifornien. Von 2002 bis Anfang 2008 war Kemler Geschäftsführer von T-Systems, bevor er an die Spitze von HP Austria wechselte. Dritter – von Insidern hoch geschätzter – Vorteil: Kemler wird auf Grund seines Alters und seiner Erfahrung auch zugetraut, mit den Chefs der drei ÖIAG-Beteiligungen auf Augenhöhe zu verkehren, wenn es darum geht, Eigentümer-Interessen durchzusetzen. Etwa bei OMV-Boss Gerhard Roiss, der als nicht gerade einfacher Gesprächspartner gilt. Traditionell ist der ÖIAG-Chef Aufsichtsratschef bei den drei Beteiligungen OMV, Post und Telekom Austria.
Nicht mehr im Rennen ist der Chef der Hamburger Biotech-Firma Evotec, Werner Lanthaler. Er informierte laut Presse am Montag seine Mitarbeiter darüber, dass er auch weiterhin ihr Chef bleibe, zog also seine Bewerbung offenbar wieder zurück. Der ehemalige Pressechef der Industriellenvereinigung unter dessen damaligem Präsidenten Peter Mitterbauer galt beim heutigen ÖIAG-Aufsichtsratschef Mitterbauer als Favorit. In einem Konflikt mit den großen Beteiligungen – etwa mit der OMV – wurde ihm freilich kaum Durchsetzungsvermögen zugetraut. Als weiteres Manko von Lanthaler galt, dass er als damaliger IV-Kommunikationschef quasi als Erfinder der Homepage von Karl-Heinz Grasser gilt.
Auch gegen Paierl, der mit Stronachs Parteigründung in Zusammenhang gebracht wird, dürfte die Front der Aufsichtsräte relativ groß sein. Die ÖIAG-Kontrollore wehrten sich von Anfang an gegen ein Diktat aus der Politik. Und begannen selbst nach geeigneten Kandidaten für die Nachfolge von Markus Beyrer zu suchen. Allerdings handelten sie sich durchwegs Absagen ein. Brigitte Ederer, Personalchefin im Konzernvorstand von Siemens, winkte ebenso ab wie Ex-Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber oder die Vizerektorin der WU Wien, Regina Prehofer. Aufsichtsratschef Mitterbauer hatte vor allem bei Frauen kein Glück: Auch Michaela Steinacker, die in der Raiffeisenholding Niederösterreich-Wien für Immobilien zuständig ist gab ihm einen Korb. Laut Raiffeisenholding hat sie sich gar nicht um den Job beworben.
Der Letzte im Quintett, das sich offiziell um den Job beworben hat, kommt aus der ÖIAG selbst: Bereichsleiter Günther Leonhartsberger. Ihm werden allerdings nicht einmal Außenseiterchancen eingeräumt.
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