Kassasturz nach der Wahl: Aktuell klafft 14 Milliarden-Loch im Budget
Von Michael Bachner
Schon im Wahlkampf waren die Warnungen vor einem absehbar riesigen Budgetloch nicht zu überhören. Ständig mussten die Prognosen für das Wirtschaftswachstum zurückgenommen werden. Entgegen allen Planungen bei der Budgeterstellung für 2024 schrumpft Österreichs Wirtschaft heuer zum zweiten Mal in Folge.
Das hinterlässt tiefe Spuren im Staatshaushalt, keine Frage.
Die künftige Bundesregierung, wie auch immer sie zusammengesetzt sein wird, hat einen denkbar schweren Start. Es herrscht gähnende Leere in der Staatskasse.
Obendrein droht damit ein EU-Defizitverfahren. Längst war abzusehen, dass das Budgetdefizit Österreichs deutlich über der erlaubten Grenze von drei Prozent liegen wird – und das auch im kommenden Jahr. Rund 0,5 Prozent des BIP müsse Österreich jährlich einsparen, um mit den Defizit- und Schuldenregeln der EU kompatibel zu sein, hieß es im Wahlkampf seitens der SPÖ.
Fiskalratspräsident Christoph Badelt wurde konkreter. Er nannte ein Defizit für 2024 von 3,4 Prozent und ein Sparerfordernis von jährlich rund 2,5 Milliarden Euro über vier Jahre – also zehn Milliarden in Summe. Gar nicht lustig werde der Job des nächsten Finanzministers, sagte Badelt bereits im Sommer. Dafür wurde er kritisiert – nicht zuletzt seitens des Finanzministeriums.
Nach diversen Berechnungen – etwa der Nationalbank – fühlt sich Badelt mittlerweile bestätigt und sagt zum KURIER: „Wir haben vor einem Defizit von 3,4 Prozent gewarnt. Aufgrund der tristen wirtschaftlichen Lage wird das eher noch nach unten revidiert werden.“
Gedankenübertragung oder nicht? Auch das Finanzministerium hat am Donnerstagnachmittag seine Defizitprognose von ursprünglich 2,7 und später 2,9 Prozent auf nunmehr 3,3 Prozent drastisch nach unten revidiert. Heute, Freitag folgen die Experten von WIFO und IHS mit ihren neuen Prognosen für 2024/2025. Und auch die Neos schlagen Alarm. Die Pinken wollen in die nächste Regierung und haben daher größtes Interesse an einem Kassasturz.
Fehlender Spielraum
Lukas Sustala, Leiter des Thinktanks Neos Lab, sagt zum KURIER: „Wir haben einen enormen Sanierungsbedarf. Deshalb pochen wir ja ständig auf Reformen. Ein immer größerer Teil des Budgets wird für Pensionen und Zinsen benötigt. Damit fehlt Spielraum für Zukunftsausgaben.“
Ein Blick in den laufenden Budgetvollzug zeigt: Zwischen Jänner und August 2024 liegt das Budgetdefizit mit einem Fehlbetrag von aktuell 14 Milliarden Euro auf Rekordniveau. Im selben Zeitraum des Vorjahrs waren es „nur“ sechs Milliarden Euro. Und selbst im Corona-Jahr 2020 fiel das Defizit bis August mit 12,7 Milliarden kleiner aus als heuer.
Das Ausgabenproblem
Hauptgrund für den enormen Fehlbetrag sind laut Sustala insbesondere die stark steigenden Ausgaben, die um 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zulegen – und damit die rezessions-bedingt gedämpften Einnahmen (plus zwei Prozent) bei Weitem übertreffen.
Für die drei Ausgabenposten Pensionsversicherung, Beamtenpensionen und Zinsen hat der Bund heuer bereits 25 Milliarden Euro ausgegeben. Das sind fast 59 Prozent der Einnahmen des Bundes. 2019 lag der Wert bei 47 Prozent.
Spätes Eingeständnis
Nicht nur die bisherigen Oppositionsparteien haben ständig vor dem Budgetloch gewarnt. Zuletzt hat Mitte September auch die Nationalbank ein Defizit von jenseits der drei Prozent prognostiziert: ein Minus von 3,1 Prozent für heuer und ein Minus von 3,3 Prozent im Jahr 2025. Die neuen Zahlen des Finanzministeriums bestätigen die Befürchtungen – spät, aber doch.
Gründe dafür seien eine ausbleibende Konjunkturerholung, die schwer abschätzbaren Effekte der Hochwasserkatastrophe und die Erhöhung des Klimabonus, sagt das Ministerium. Im März habe die Defizit-Prognose noch 2,9 Prozent betragen.
Die Folge ist klar: Werden jährlich neue Schulden in Milliardenhöhe gemacht, wächst auch der Schuldenberg in lichte Höhen. Im Verhältnis zur jährlichen Wirtschaftsleistung wird die Schuldenquote heuer bei 79,3 Prozent des BIP zu liegen kommen (2023: 77,8 Prozent).