BMW Steyr investiert knapp eine Milliarde Euro in E-Motorenproduktion
Seit 40 Jahren produziert BMW an seinem Standort im oberösterreichischen Steyr Verbrennermotoren. 2019 kamen Gehäuse für Elektroantriebe dazu. Und heute Montag erfolgte der Startschuss für die komplette E-Motorenfertigung und das in gewohnter BMW-Manier.
Denn nicht nur die Autos sind mit vielen Extras ausgestattet auch die Präsentation des neuen Projekts war es: Blau und pinke Scheinwerfer leuchteten das Festzelt aus, eine Nebelmaschine verlieh der Veranstaltung einen mystischen Touch. Für die musikalische Untermalung sorgten nicht nur laut aufgedrehten Boxen, sondern auch der Gewitter-Regen, der auf das Zelt prasselte, während darin die Prominenz Platz nahm und nacheinander auf die Bühne ging, um die künftige E-Motorenproduktion zu honorieren.
„Wir entwickeln und fertigen hier für einen völlig neuen Elektroantrieb vom Starter über den Rotor bis hin zum Getriebe alles“, erklärte Werkschef Alexander Susanek bereits zuvor in einem KURIER-Interview die Pläne. „Das ist der wichtigste Meilenstein seit der Grundsteinlegung. Er sichert die Zukunft des Standorts.“
BMW investiert dafür im weltweit größten Motorenwerk der Gruppe 710 Millionen Euro bis zum Jahr 2030 in die Produktion, um weitere 230 Millionen soll die Entwicklung ausgebaut werden. „Schon jetzt sind 700 Motoren-Entwickler in Steyr tätig, ein Drittel davon für E-Mobilität“, sagt Susanek. „2030 sollen es 90 Prozent sein. Für sie ist das eine wichtige Zukunftsperspektive.“ Punktuell werde BMW Steyr sich in der Forschung personell weiter verstärken.
Für Produktion und Logistik werden auf 60.000 m2 (entspricht acht Fußballfeldern) zwei komplett neue, zweigeschossige Hallen errichtet. Bereits jetzt werde das Baufeld dafür freigemacht, nämlich auf einem nicht mehr genutzten Teil des Werksgeländes gleich neben dem Festzelt. Über mögliche Förderungen seitens des Bundes oder des Landes sind laut Susanek noch keine konkreten Vereinbarungen getroffen worden. Die Grundsteinlegung am Montag ließen sich auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Landeshauptmann Thomas Stelzer, Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (beide ÖVP) sowie Steyrs Bürgermeister Markus Vogl (SPÖ) nicht entgehen.
„Dieses Werk ist ein wichtiger Puzzleteil im Transformationsprozess“, würdigte Nehammer per Mikrofon den Ausbau, um anschließend dem anwesenden BMW-Vorstandsmitglied Milan Nedeljković mit einem Schulterklopfer für die Entscheidung zu danken. „Es ist ein Bekenntnis zum Standort und ein Bekenntnis an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen“, holte auch Stelzer aus. Mit solchen Innovationen schlage man mehrere Fliegen mit einer Klappe, war sich Kogler sicher, vereine man auf diese Weise doch Energiewende mit Arbeitsplätzen.
Schließlich zogen sich Nehammer und Nedeljković Arbeitshandschuhe über und übergaben symbolisch einen Rotor an vier Lehrlinge, die den Rest der Arbeit übernahmen und ihn in einen Elektromotor einbauten – Übung für die Zukunft.
Denn die Vorserienproduktion soll schon im Sommer 2024 anlaufen, die Serienproduktion dann im Herbst 2025. Jährlich sollen dann auf zwei Fertigungslinien 620.000 Einheiten vom Band laufen. „Wir können uns da durchaus mit dem Werk in Dingolfing vergleichen“, sagt Susanek. Für die Produktion von klassischen Verbrennern soll sich Susanek zufolge bis auf weiteres nichts ändern. „Wir werden künftig zwei sehr solide Standbeine haben.“ Aktuell laufen jährlich mehr als eine Million Benzin- und Dieselantriebe in Steyr vom Band. „Das wird kurzfristig auf diesem Niveau bleiben, wir werden weiter gut ausgelastet sein.“
Denn das Werk beliefert auch Märkte außerhalb der Europäischen Union. „Die Zukunft ist elektrisch. Es wird aber nicht jeder so schnell auf den Elektroantrieb umstellen können, 2035 wird auch für einige EU-Länder eine große Herausforderung“, erwartet Susanek. In den Fahrzeugen werde die Technologie vorhanden sein und sich in den nächsten Jahren auch verbessern, aber der Ausbau der Ladeinfrastruktur werde sich verbessern müssen. „Ob es richtig ist, jetzt schon ein fixes Datum für den Ausstieg aus dem Verbrennerantrieb festzulegen?“, fragt er sich.
Es werde auch weiter an der Optimierung von Verbrennerantrieben gearbeitet, allerdings müsse dafür schon viel investiert werden. „Die Technologie hat ihren Höhepunkt erreicht.“ Wasserstoff sei eine mittel- bis langfristige Alternative. „Wir schauen uns an, ob wir Kompetenz miteinbringen können“, so Susanek.
Am Standort herrsche nun unter den 4.400 Mitarbeitern Aufbruchstimmung, zuvor habe es Fragezeichen über die Zukunft gegeben. Die jüngsten Lieferkettenprobleme infolge des Kriegs in der Ukraine seien inzwischen weitgehend gelöst, so Susanek. „In der Ukraine wird die meiste Zeit wieder produziert und wir haben zudem alternative Bezugsquellen gefunden.“