Bankenvertreter kritisiert "populistische" Pläne zur Übergewinnsteuer
Angestoßen von einer angekündigten Übergewinnsteuer für Banken in Italien, hat die Debatte um Zinsen und Profite auch in Österreich Fahrt aufgenommen. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) hat den Verein für Konsumenteninformation (VKI) mit einer Verbandsklage beauftragt. Am Donnerstag meldete sich mit Willi Cernko, Chef der Erste Group und Obmann der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer (WKO), erstmals die Branche zu Wort.
Erwartungsgemäß gibt sich Cernko von Rauchs Vorstoß in einem Posting auf der Karriereplattform Linkedin wenig begeistert. Der Bankensektor solle "nicht mit kurzfristigen, populistischen Maßnahmen" geschwächt werden, argumentiert Cernko und warnt vor volkswirtschaftlichen Auswirkungen.
Die Banken seien von der Europäischen Zentralbank (EZB) dazu verpflichtet, Eigenkapital aufzubauen, um in Krisen bestehen zu können. Politik und Realwirtschaft müssten auf einen "starken und gesunden Bankensektor" vertrauen können, um volkswirtschaftliche Stabilität zu garantieren und hohe Investitionen, etwa für die Energiewende, ermöglichen zu können.
Willkürliche und kurzfristig gedachte Maßnahmen, die den Bankensektor massiv schwächen, schaden dem Investitionsklima und dem Wirtschaftsstandort.
Erste Group, WKO-Spartenobmann
Zinsschere sorgt für Unmut
Cernko äußert sich in dem Posting auch zu der von Minister Rauch und auch der Arbeiterkammer (AK) kritisierten "Zinsschere", also dass die Haben-Zinsen trotz EZB-Leitzinserhöhungen kaum steigen würden, während die Soll-Zinsen, die Kundinnen und Kunden etwa für ein überzogenes Konto bezahlen, hoch seien.
Im Zeitraum bis Mai seien die Haben-Zinsen in Österreich laut einer Aufstellung des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria stärker gestiegen als im europäischen Durchschnitt.
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Bei den Kreditnehmer hat laut Cernko etwa die Hälfte der Kundinnen und Kunden in Österreich einen fixen Zinssatz. Für diese steigt die Zinsbelastung also trotz angehobener Leitzinsen nicht an. Dort, wo es durch variable Zinssätze zu Problemen kommt, wollen die österreichischen Banken ihren Kundinnen und Kunden entgegenkommen. Wie genau dieses Entgegenkommen aussieht, ist noch nicht bekannt. Details dazu kündigte der Spartenobmann für die "kommenden Tage" an.
Kocher sieht "keine Übergewinne"
Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) geht davon aus, dass die Haben-Zinsen spätestens im Herbst steigen werden, das sei "wichtig", sagte er am Donnerstag in einer Sommer-Interviewreihe des Ö1-Mittagsjournal. Es gebe dazu Gespräche zwischen dem Finanzministerium von Magnus Brunner (ÖVP) und den Banken "für Verbesserungen", ließ er durchblicken. Brunner hatte die Zinsschere, die den Banken in den letzten 12 Monaten laut Berechnungen des AK-nahen Momentum-Instituts 1,58 Mrd. Euro eingebracht hat, als "ein echtes Problem" bezeichnet.
Ob die Klage durch das grün-geführte Sozialministerium erfolgsversprechend sei, kommentierte Kocher nicht näher, außer dass es damit wohl lange dauern werde. "Ich sehe auch keine Übergewinne", sagte Kocher zur Frage einer Sondersteuer.