Wirtschaft

Autobranche unter Konkurrenzdruck

Welches Gebrauchsobjekt weckt so viel Emotion wie das Auto? Für die einen ist es ein Statussymbol, für die anderen Umweltsünde. Die zweite Gruppe wächst – und wird zum Problem für die Branche.

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"Unseren grünen Freunden wäre es am liebsten, wenn wir alle mit dem Rad fahren würden", ätzt Burghard Ernst, oberster Vertreter des heimischen Autohandels. Aber das funktioniere mit zwei vollen Einkaufstaschen quer durch Wien nicht. Auch Alain Favey, Geschäftsführer des größten heimischen Autohändlers Porsche Holding Salzburg, nennt die Politik der Stadt Wien "autofeindlich" und beklagt mangelnde Gesprächsbereitschaft.

Tatsächlich geht die Zahl der gefahrenen Pkw-Kilometer zurück, ebenso wie jene der Führerscheinneulinge. Doch trotz der zunehmenden Hindernisse für den Pkw-Verkehr vor allem in Städten, der seit März höheren Besteuerung und der allgemeinen Wirtschaftsflaute wird das Minus bei Pkw-Neuzulassungen heuer nur vier Prozent auf rund 305.000 neu verkaufte Pkw ausmachen.

Kaufanreize sind laut Günther Kerle, Geschäftsführer von Mazda Austria, das niedrige Zinsniveau, das Sparen unattraktiv macht, und die tiefen Spritpreise. Auch die durchschnittliche Motorisierung geht nicht zurück, SUV liegen nach wie vor im Trend. "Mehr Zulassungen als heuer sind für 2015 aber nicht zu erwarten."

Ein Problem der Branche ist jedoch hausgemacht:"Der Durchschnittsrabatt über alle Pkw lag im Vorjahr bei 15 Prozent, heuer sind es 16,7 Prozent", heißt es seitens der Verkaufsplattform autogott.at. Bei Opel, Ford oder Fiat gibt es sogar Aktionen bis zu minus 40 Prozent. Das kann nicht gut gehen.

Ruinös

Die Zahl der Händler nimmt kontinuierlich ab, auch wegen immer teurerer Vorgaben der Hersteller (etwa bzgl. Ausstattung der Schauräume). "Die Umsatzrendite beträgt nur ein Prozent", sagt Ernst. Und erstmals gebe es im Aftersale-Bereich ein Minus von knapp fünf Prozent. Denn moderne Pkw benötigen weniger Service. Der Handel hat auch Konkurrenz durch Carsharing bekommen. Eine Analyse von Car Sharing Services zeigt aber, dass die Autos im Durchschnitt nur rund 60 Minuten pro Tag fahren und die restliche Zeit parken. "Keine sehr berauschende Mobilitätsbilanz", findet Kerle.

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Autokäufer können in Österreich aus rund 40 Modellen mit Elektroantrieb wählen, nächstes Jahr werden es schon 60 bis 70 sein. Dennoch wurden heuer bis dato erst rund 1200 E-Autos neu zugelassen. Das ist zwar eine Verdopplung zum Vorjahr, aber dennoch nur 0,4 Prozent aller neuen Pkw. In Norwegen und den Niederlanden liegt der Anteil heuer bei 13 Prozent. Grund sind Steuererleichterungen beim Kauf. Auch in Österreich könnte es m Zuge der Steuerreform zu Änderungen kommen.

Im Papier der Steuerreformkommission heißt es, dass E-Autos als Sachbezug für Dienstnehmer vollständig steuerbefreit werden könnten. Auch eine gänzliche Befreiung von der Mehrwertsteuer wäre wünschenswert, sagt Michael-Viktor Fischer. Er ist Geschäftsführer von Smatrics, ein Joint-Venture von Siemens und Verbund, dass Ladestationen für E-Autos anbietet. Eine Normverbrauchsabgabe, die sich nach dem -Ausstoß richtet, fällt bei E-Autos ohnehin nicht an.

Laut Fischer werden die E-Autos zudem immer billiger. „Vor vier Jahren hat ein Nissan i-Miev noch 39.000 Euro gekostet, jetzt nur noch 20.000.“ Die Batterien seien nun deutlich günstiger und deren Reichweiten länger. Und bei E-Autos würden kaum Servicekosten anfallen. Dies sei, so mutmaßt Fischer, auch der Grund, warum ein Großteil des Autohandels dem E-Auto skeptisch gegenüberstehe.

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Ängste der Kunden, mit einer leeren Batterie stehen zu bleiben, seien unbegründet. „Im Durchschnitt fährt jeder Österreicher nur 36 Kilometer am Tag.“ Dass kürzlich in einem ÖAMTC-Test eine E-Batterie nach drei Jahren um 17 Prozent weniger Leistung zeigte, sieht Fischer daher nicht dramatisch. Smatrics verfügt bereits landesweit über 140 Ladepunkte, nun wird das Schnell-Laden (20 Minuten statt 60) an den Autobahnen ausgebaut. Bis Ende 2015 sollen 40 bis 60 Ladepunkte geschaffen werden. „Eine Ladung für 100 Kilometer kostet 2,50 Euro, daheim über die eigene Fotovoltaik-Anlage gar nichts.“

Den Vorwurf, dass auch bei der Erzeugung des nötigen Stroms anfällt, lässt Fischer nicht gelten. „In Österreich kommen mehr als 70 Prozent aus nachhaltiger Energie.“ Und alte Batterien würden nicht weggeworfen, sondern recycelt.

Viele heimische Kfz-Zulieferer, insbesondere Klein- und Mittelbetriebe, sind noch zu wenig mit dem Ausland vernetzt. Sie drohen mittel- bis langfristig, auf der Strecke zu bleiben. „Eine Internationalisierungsstrategie wird immer wichtiger“, sagt Herwig Schneider vom Forschungsinstitut iwi. „Die globale Aufstellung ist zwingend notwendig“, nennt Michael Scherz, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in München, eine Empfehlung der deutschen Autoindustrie, um als Zulieferer für VW und Co. in Betracht gezogen zu werden.

Zum Beispiel werden laut Jens Henke von der Audi Beschaffungsstrategie je nach Modell 40 bis 70 Prozent eines in China gefertigten Autos lokal produziert. „Globalisierung bedeutet bei der Beschaffung Lokalisierung – bei gleicher Qualität.“ Aber nur 2,5 Prozent der Teile für einen Audi kämen aus Österreich. „Es gibt also noch enormes Potenzial, es lohnt sich, an Ausschreibungen teilzunehmen“, sagt Scherz. Größe sei dabei nicht der entscheidende Faktor: „Ein steirischer Nischenplayer mit neun Mitarbeitern hat heuer in kurzer Zeit einen Millionenauftrag erhalten.“

Marktsättigung

Für Zulieferer war bis dato China vorrangiges Ziel. „China ist nicht mehr so wie vor zehn Jahren“, sagt Ewald Kreid, Autoexperte der Boston Consulting Group. Es ist mittlerweile der weltweit größte Automarkt, doch die Absatzzahlen gehen wegen einer gewissen Sättigung zurück. Gab es 2009 und 2010 noch Wachstumsraten von rund 50 bzw. rund 30 Prozent, so sind es heuer „nur“ noch rund 9 Prozent. „Einige Hersteller stoßen mit ihrer Produktion zudem an Kapazitätsgrenzen“, sagt Frank Schwoppe, Autoexperte der NordLB. „Wir gehen auch davon aus, dass China zunehmend versuchen wird, die einheimischen Hersteller bzw. Joint Venture-Partner zu stärken und andere zu schwächen.“

Rudolf Mark, Chef der Mark Metallwarenfabrik aus Oberösterreich, will dennoch den Schritt nach China wagen, allerdings gemeinsam mit zwei weiteren Zulieferern. „Zwei Drittel der Arbeitsprozesse sind gleich, nur die Produkte sind unterschiedlich.“ Denn die Gefahr, dass man sich in China übernimmt, sei enorm. „Es ist notwendig, dass wir dorthin gehen. Nur so sichern wir die heimischen Standorte.“

Laut Kreid gab es in den vergangenen 18 Monaten die größten Zuwächse im Automotive Bereich in Mexiko. „Die Produktionskosten sind extrem attraktiv.“ Acht Hersteller sind bereits vor Ort, neben Chrysler, Ford und GM auch Japaner und VW. Audi baut gerade ein Werk, Daimler, BMW und Kia stehen davor. „Mexiko ist der Hype-Markt schlechthin“, sagt Scherz. Der Wirtschaftsdelegierte in Mexiko, Hannes Maurer, erklärt dies mit den stagnierenden Löhnen (5 bis 10 Dollar/Stunde), der Nähe zum großen Automarkt USA und Steuervorteile wie ein Freihandelsabkommen mit 45 Ländern. „Dieses Land ist ein industrielles Power-House.“ Vor Ort sind erst zehn heimische Zulieferer aktiv, vier weitere kommen bald dazu, darunter der Lichtsysteme-Spezialist ZKW. Weitere seien gesucht. „Es gibt in ganz Mexiko keinen einzigen richtigen Werkzeugbauer“, klagen Hersteller.