Wirtschaft

Aufsichtsräte: Schlecht bezahlt und schlecht qualifiziert

In großen Unternehmen führen die Aufsichtsräte die Regie: Sie kontrollieren die Arbeit der Vorstände, entwickeln die geschäftliche Strategie wesentlich mit, hinterfragen die Jahresabschlüsse und entscheiden über Budget und Gewinnverteilung. Doch für eine effiziente Kontrolle dürfte in Österreich zum Teil die nötige Professionalität fehlen. "Für uns ist es überraschend, dass nur 14 Prozent der befragten Aufsichtsräte mit der inhaltlichen Vorbereitung der Sitzungen durch den Vorstand voll zufrieden sind", sagt Michael Junghans, Chef der B&C Industrieholding, die Kernaktionär u. a. bei Amag, Lenzing und Semperit ist.

Gemeinsam mit der Initiative AufsichtsRäte Austria (Inara) von Viktoria Kickinger hat B&C die Studie "Aufsichtsrats-Monitor" in Auftrag gegeben hat. Dazu wurden u. a. 100 Aufsichtsräte (AR) befragt. Das Ergebnis ist erstaunlich: Ein Viertel der befragten Aufseher nimmt sich nur ein bis drei Stunden Zeit, um sich auf eine AR-Sitzung vorzubereiten. Und: 43 Prozent der AR wenden maximal zehn Arbeitstage im Jahr für die Firma auf, deren Zukunft sie massiv mitbestimmen. "Wenn sie die Job ernst nehmen, müssen sich 20 bis 25 Tage damit beschäftigen", weiß Junghans aus eigener Erfahrung. Ursache für die "Untätigkeit" könnte die schlechte Entlohnung sein: 70 der 100 befragten AR hält sich für unterbezahlt. So erhält ein Aufseher eines ATX-Unternehmens im Schnitt 20.500 Euro brutto, ein AR-Chef 75.000 Euro.

Zu geringes Salär

"Für diese Vergütung hebt ein internationaler Experte nicht einmal den Telefonhörer ab", sagt Kickinger. Zum Vergleich: In Deutschland kassiert der AR-Chef einer Börsenfirma etwa 250.000 Euro. So geht Kickinger davon aus, dass auch hierzulande künftig das Entgelt schrittweise angehoben wird.

Junghans und Kickinger sind sich darüber auch einig, dass das AR-Mandat als Nebenjob über kurz oder lang ein Auslaufmodell ist. Der Grund: Die wirtschaftlichen Herausforderungen für Unternehmen werden immer komplexer. "Der Berufsaufsichtsrat steht vor der Tür", sagt B&C-Manager Junghans voraus. Vor allem kompetente Techniker würden diese Gremien dringend benötigen ebenso wie mehr Mitglieder mit "unternehmerischem Denken" und speziellem Markt-Know-how. Die aktuelle Studie ist der beste Beleg dafür: Mehr als 50 Prozent der befragten Aufsichtsräte gaben an, dass ihren AR-Kollegen die entsprechende Qualifikation für den Job fehle. Aber von einer gesetzlichen Prüfung für Aufsichtsräte , was die Hälfte der Befragten fordert, hält Kickinger "absolut nichts". "Es gibt drei, vier exzellente Lehrgänge, etwa an der Wirtschaftsuni", sagt sie. "Es ist aber höchste Zeit, den Grundstein für eine Regulierung der Qualifikation zu legen."