Wirtschaft

Aufsicht schaltet sich bei Credit Suisse ein

Medienberichte über dubiose Kundenbeziehungen setzen die von Affären geplagte Credit Suisse noch zusätzlich unter Druck. Die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma steht deswegen mit der Großbank im Kontakt, der Aktienkurs brach um 2,2 Prozent ein.

Auch für die Schweiz könnten die Vorwürfe Konsequenzen haben. Die Bank soll jahrelang korrupte Politiker, Autokraten, mutmaßliche Kriegsverbrecher sowie Menschenhändler, Drogendealer und andere Kriminelle als Kunden akzeptiert haben.

Die Europäische Volkspartei (EVP), die stärkste politische Gruppierung im Europäischen Parlament, forderte am Montag eine Überprüfung der Bankpraktiken in der Schweiz und die mögliche Aufnahme des Landes in die schwarze Liste der EU von Ländern mit hohem Geldwäsche-Risiko. Die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) hatte unter Berufung auf Daten aus dem Geldinstitut, die dem Blatt von einer anonymen Quelle zugespielt worden seien, über mutmaßliche Versäumnisse der Credit Suisse bei der Überprüfung ihrer Kunden berichtet.

Autokraten und Kriminelle als Kunden

Die Bank soll über viele Jahre hinweg korrupte Politiker und Autokraten, mutmaßliche Kriegsverbrecher sowie Menschenhändler, Drogendealer und andere Kriminelle als Kunden akzeptiert haben, berichtete die SZ. Die Unterlagen würden Aufschluss über mehr als 18.000 Konten mit einem Gesamtvermögen von über 100 Milliarden Dollar (88 Mrd. Euro) geben, hinter denen mehr als 30.000 Kunden stünden.

Die SZ hat die Daten zusammen mit dem Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) und 46 Medienpartnern aus aller Welt, darunter Guardian, Le Monde und New York Times, ausgewertet. In Deutschland waren NDR und WDR an der Recherche beteiligt.

Bank weist Vorwürfe zurück

Die Credit Suisse wies die Vorwürfe entschieden zurück. "Die Berichterstattung basiert auf unvollständigen, fehlerhaften oder selektiven Informationen, die aus dem Zusammenhang gerissen sind, um die Bank in tendenziöser Art und Weise darzustellen", erklärte das Institut. Die vorgebrachten Themen seien überwiegend historischer Natur und gingen in einigen Fällen bis in die 1940er-Jahre zurück. Aufgrund von Medienanfragen in den vergangenen Wochen habe die Bank zahlreiche Konten geprüft, die mit den Vorwürfen in Verbindung stehen könnten. "Rund 90 Prozent der geprüften Konten sind heute geschlossen oder befanden sich vor dem Eingang der Medienanfragen bereits in Saldierung", erklärte die Credit Suisse. Mehr als 60 Prozent der Schließungen seien vor 2015 erfolgt.

Ein Finma-Sprecher erklärte auf Anfrage, dass die Aufsichtsbehörde Kenntnis von den Artikeln habe und deswegen mit der Credit Suisse in Kontakt stehe. Die in den Berichten erhobenen Vorwürfe wollte er nicht kommentieren. "Wie üblich äußern wir uns nicht zu einzelnen Medienberichten." Die Einhaltung der Geldwäschevorschriften sei seit Jahren ein Schwerpunkt der Aufsichtstätigkeit, so der Sprecher weiter.

Die Finma hat bereits in der Vergangenheit gegen die Credit Suisse ermittelt. So befand die Behörde im Jahre 2018, die Bank habe etwa bei Geschäften mit dem brasilianischen Ölkonzern Petrobas,  dem venezolanischen Ölkonzern PDSVA und dem Fußballverband Fifa „gegen aufsichtsrechtliche Pflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei verstoßen“.

Serie von Negativschlagzeilen

Die Vorwürfe kommen für das zweitgrößte Schweizer Geldhaus zur Unzeit. Eine Reihe von Fehlschlägen und Affären haben Credit Suisse zum Sorgenkind Nummer eins der europäischen Bankbranche gemacht.

Die Liste der Skandale liest sich wie ein Kriminalroman: Wegen einer Beschattungsaffäre musste 2020 der Chef geben, eine Hedgefonds-Pleite und eine überteuerte Übernahme führten vergangenes Jahr zu einem Milliardenverlust, außerdem verlor der Verwaltungsratspräsident nach nur acht Monaten im Amt seinen Job wegen der Verstöße gegen Quarantäneregeln. Zudem steht die Traditionsbank vor Gericht wegen des Vorwurfs von Geldwäsche für einen bulgarischen Kokainhändler.