AT&S erwartet Durststrecke der Autobranche
Der steirische Leiterplattenhersteller AT&S sieht als Zulieferer der gebeutelten Automobilbranche keinen raschen Aufschwung. "Wir haben die Talsohle durchschritten, aber bis wir das Vorkrisenniveau erreicht haben, wird es bis 2022, wenn nicht 2023 dauern", sagte Konzernchef Andreas Gerstenmayer in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.
Absatzflaute
Die Sparte Automotive, Industrial und Medical, die 30 Prozent zum Umsatz beiträgt, leidet unter der Absatzflaute am Automarkt und schrieb zuletzt rote Zahlen. Optimistisch sieht der Manager die Entwicklung zum autonomen Fahren, hierfür fertigt AT&S Hochleistungsrechner-Chips.
Der Konzern produziert neben Leiterplatten integrierte Schaltkreise (IC-Substrate), die in Notebooks und PCs gebaut werden und als Verbindungselemente zwischen Leiterplatte und Chip dienen. Beliefert werden die Mobilfunkbranche, die Automobil- und Industrieelektronik sowie die Medizintechnik. Zu den Kunden zählen Apple, Intel und große europäische Autozulieferer.
Apple-Profiteur
Weit besser läuft es bei den mobilen Endgeräten, der größten Sparte. Nach einem Gewinnplus im ersten Halbjahr sei auch in der zweiten Geschäftsjahreshälfte mit einer guten Entwicklung zu rechnen, sagte Gerstenmayer. Aufgrund verzögerter Produktanläufe sei es zu Nachfrageverschiebungen ins dritte Quartal gekommen, für das vierte Quartal werde die übliche Saisonalität erwartet.
Apple will einem Medienbericht zufolge die iPhone-Produktion in der ersten Jahreshälfte 2021 um 30 Prozent erhöhen, wovon auch AT&S profitieren dürfte. Die Zulieferer des US-Konzerns galten lange Zeit als gut gehütetes Geheimnis. Neben vielen asiatischen Konzernen zählen auch die Österreicher AT&S und AMS dazu.
Profitiert hatte AT&S auch von den erweiterten Kapazitäten in China, sagte Gerstenmayer. Die beiden Werke laufen nach einem zweiwöchigen Stillstand zu Beginn der Corona-Pandemie auf Vollbetrieb. Vor allem der Markt mit IC-Substraten wachse überproportional.
Diversifikation
AT&S baut daher das dritte Werk am bestehenden Standort in Chongqing für etwa eine Milliarde Euro. 2022 soll die Anlage in Betrieb gehen und bis 2024/25 einen Umsatzschub auf zwei Milliarden Euro bringen. 2019/20 wurden Erlöse von rund einer Milliarde Euro erwirtschaftet.
Dass der taiwanische Zulieferer Foxconn auf Bitten von Apple Teile der Fertigung von iPad und MacBook nach Vietnam verlagern will, stuft Gerstenmayer nicht als generellen Rückzug aus China ein. "Wir sehen es so, dass eine stärkere Diversifikation stattfindet".
Bei AT&S stehe kurzfristig kein neuer Markteintritt bevor. Asien wäre aber klar im Vorteil: "Die komplette Lieferkette ist in Asien, vom Material bis zur Weiterverarbeitung, das kann kaum eine andere Region bieten." Europa hinke hinterher. Es brauche eine europäische Lösung, mit Investitionsförderungen alleine "rettet man das Thema nicht".