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Großunternehmen entdecken den Journalismus

Der traditionelle Journalismus könnte durch einen neuen Trend in Bedrängnis kommen. Immer mehr große Firmen und Konzerne bauen ihre eigenen Medienabteilungen auf. Dieses sogenannte "Content Marketing" war Thema der Diskussion "Erzähl mir was – Marken als Medien" am dritten und letzten Tag bei den Österreichischen Medientagen.

Während Verlagshäuser zunehmend mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen haben, investieren andere Unternehmen in eigene journalistische Produkte. „Daimler beschäftigt schon mehr Journalisten als Auto, Motor, Sport“, erläuterte dies Rolf-Dieter Lafrenz (Schickler). Das bisher größte Kapital der Medienhäuser sei deren Glaubwürdigkeit, „das versuchen Unternehmen nun aufzubauen“. Es gehe bei Content-Marketing darum, transparente, glaubwürdige Information zu liefern.

Was ist richtig?

George Nimeh, Chief Digital Officer von KURIER.at, warnte an dieser Stelle: „Wer sagt dann den Konsumenten noch, was richtig ist und was falsch? Wer sagt es Google?“ Die Medienhäuser hätten gerade hier die wichtige Funktion eines Gatekeepers. Sonst herrsche völlig Konfusion bei den Konsumenten.

Allerdings werden die Grenzen zunehmend verwischen. Content-Marketing-Inhalte wird hoffähig. So lässt Amazon nun auch Beiträge, die auf Content-Marketing fußen, bei den Kommentaren zu.
Als herausragendes Beispiel für Content-Marketing gilt allerdings Felix Baumgartners Sprung aus dem All. Aber es geht auch kleiner.

Klar müsse Unternehmen aber sein, dass Content Marketing entsprechende Ressourcen brauche, erklärte Michaela Huber (OMV). Denn es „muss nachhaltig und glaubwürdig sein. Und es muss für emotionales Envolvement sorgen.“
Martin Bredl (Take Off PR) erwartet in den nächsten Jahren eine wahren Boom des Content-Marketings. Und gute Jobs für Journalisten in diesem Bereich. Seine Agentur müsse bereits Aufträge ablehnen, weil es nicht mehr zu schaffen sei.

Mit Liquid Democracy vom Bürger zum Politiker und zurück

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Die einleitende Keynote am dritten Tag hielt Marina Weisband, ehemalige Geschäftsführerin der Piratenpartei Deutschland. In ihrem Vortrag über "Liquid Democracy und Dirty Mobbing" machte sie keinen Hehl daraus, dass neue demokratische Beteiligungssysteme nicht von heute auf morgen umsetzbar sind. Dennoch geht die derzeit karenzierte Politikerin davon aus, dass gerade Liquid Democracy dazu beitragen könnte, Politikverdrossenheit abzubauen und gleichzeitig die Beteiligung der Bürger zu steigern.

Mehr über Marina Weisbands Rede finden Sie hier.

Auf den ersten Blick gibt es bei „Media for Equity“-Geschäften nur Sieger: Startups und Medienunternehmen ziehen gemeinsam an einem Strang. Das Medienhaus steuert die Werbung fürs neue Unternehmen bei, dieses wiederum beteiligt den Partner entweder am Unternehmen selbst oder an den Einnahmen. Ein Prinzip, dass auch in der heimischen Medienbranche um sich greift, wie das Panel „Tausche Werbung gegen Aktien!“ bei den Medientagen am Donnerstag zeigte.

ProSiebenSAT.1 macht in Österreich demnächst sogar eine Show daraus: „Zwei Minuten, zwei Millionen“. Und man hat nach dem Vorbild der deutschen Mutter ein eigenes Unternehmen, SevenVentures Austria, gegründet. Allerdings müssen diese Startups schon eine gewisse Lebensfähigkeit bewiesen haben, wie SevenOneMedia-Geschäftsführer Markus Breitenecker ausführte.

In Deutschland gilt für diese Art Geschäft Zalando als Vorzeigebeispiel. Mittlerweile gebe es im Konzern etwa 50 solcher Projekte in den Bereichen Reisen, e-commerce, Sport, Gesundheit, Lifestyle sowie Marketplace. In Österreich gibt es bislang ein Projekt: kochabo.at.
Zwar sucht Breitenecker weiter den Markt ab – denn auch Bewegtbild sei ein Thema. Er hat aber ein Problem. „Wir sind im Grunde mit Werbung ausgebucht.“ Was bedeutet, dass Gratiswerbung für ein Startup, immerhin die Geschäftsgrundlage, teuer kommt, weil er die Sekunden leicht verkaufen kann.

Neue Erlösmodelle

Anders die Situation bei den Printmedien. Für den KURIER scannt Michaela Heumann den Markt. Den Bereich New Business gibt es erst seit Juli. „Im Grunde geht es darum, dass alle Verlage intensiv nach neuen Erlösmodellen suchen. Der Marktplatz Zeitung ist ins World Wide Web gewandert, deshalb folgt die Zeitung nun den Erlösen.“ Mehrere Projekte sind im Blickfeld.

Krone-Geschäftsführer Gerhard Riedler lässt andere für sich den Markt durchforsten. Man stehe unmittelbar vor dem Abschluss einer Kooperation mit dem neu gegründeten Fonds Media4Equity Invest. „Wir nehmen uns Experten für jene Dinge, die nicht unser Kerngeschäft sind.“
Den Grund für dieses Engagement formuliert Riedler sehr prägnant: „Wir werden damit nicht reich werden. Wir haben Online verschlafen und suchen nun fieberhaft nach neuen Erlösmodellen.“ Was für Riedler aber keines wegs in Frage kommt, ist der Weg, den andere in Österreich eingeschlagen haben. „Wir bleiben ein Medienhaus und werden kein Handelshaus. Wir stehen weiter für objektiven Journalismus.“

Der zu Ende gehende Nationalratswahlkampf sei "eine Art Generalprobe". Der Grünen-Politiker Michel Reimon sprach mit dieser Stellungnahme die Verwendung von Social Media Tools in der politischen Kommunikation an. "Wir experimentieren ja alle noch", erklärte Reimon bei den Österreichischen Medientagen. Noch drastischer formulierte es Politikberater Rudi Fußi, dem zufolge die heimischen Parteien auf Social Media Plattformen beinahe durchwegs eine schlechte Figur machen. Eine mögliche Lösung lieferte er gleich mit: "Sie müssen den Mut haben, auf Augenhöhe zu kommunizieren."

Genau darin liege nämlich ein wesentlicher Unterschied zu klassischen Mediengattungen, die stärker monologartig ausgelegt seien. Facebook, Twitter und Co verlangen nach dem Dialog und sind in erster Linie interaktiv. Fußi forderte daher eine "ehrliche und authentische" Präsentation der Politiker auf diesen Plattformen. "Wenn man sich dadurch positiv und wohltuend von anderen abhebt, kann auch ein Mehrwert entstehen." Derzeit stören ihn aber etliche "Parteisoldaten", die gerade Twitter zur Propaganda nutzen würden, anstatt konstruktiv zum Diskurs beizutragen.

Reimon, der österreichische Politiker mit den meisten Twitter-Followern, verwies darauf, dass der Tempogewinn durch Social Media auch eine erhebliche Belastung für die politische Kommunikation sei. "Oft wird hier von den Parteien viel zu klassisch gedacht", wobei seine eigene Fraktion keine Ausnahme bilde.

Ähnlich formulierte es Niko Alm, der für die NEOS kandidiert. Seiner Meinung nach sei Twitter letztlich ein Beispiel für ein Medium, wo sich zwar nicht die breite Masse aufhalte - Fußi bezeichnete in diesem Zusammenhang Facebook als den "Gemeindebau" und Twitter als "Cafe Central" -, dafür würde man dort Meinungsbildner erreichen, was die Chance auf Multiplikation steigere.

Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Rolle von "Social Media in der Politarena", wie der Titel der Veranstaltung lautete, jedenfalls schwierig zu bestimmen. Axel Maireder von der Uni Wien verwies zwar auf die Verknüpfung einzelner Aussagen und ihre Einbindung in ein größeres Netzwerk, dennoch ist er vorsichtig mit direkten Rückschlüssen auf das Wahlergebnis. "Nur weil man ein Fan von jemandem ist, heißt das nicht, dass man den dann auch wählt." Laut Technikforscherin Astrid Mager liege die "Kunst darin, die Inhalte mit etwas Privatem zu verbinden", um abseits von traditionellen parteipolitischen Aussagen erfolgreich zu kommunizieren.

Die Bedeutung von Social Media wurde vom Panel also durchaus anerkannt, allerdings gebe es in Österreich noch viel aufzuholen. "Wir sind ein Entwicklungsland", resümierte OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. Die Kanäle würden zu eng gefasst und meist unelegant gefüllt. "Das Fischen nach neuen Wählern außerhalb dieser Methoden geschieht aber gar nicht." Gerade zielgruppenspezifisch könne man seiner Ansicht nach die diversen Social Media Tools, auch abseits von Facebook und Twitter, nutzen, um für bestimmte Themen relevante und empfängliche Accounts und Personen zu orten. Einem Eindruck, dem sich Fußi anschloss: "Die Frage ist: Wie bringe ich meine Botschaft über welchen Kanal zum richtigen Zeitpunkt an die richtigen Empfänger?" Diesbezüglich hätten die Parteien noch viel zu lernen. (APA)

LINKS:
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