Startup-Investment ist mehr als eine Mode
Von Christoph Silber
Der Austrian Business Angel Day mit dem Business Angel Award als Höhepunkt ist zu einem jährlichen Fixpunkt der Gründerszene geworden. Am Donnerstag geht dieser im Wiener Palais Auersperg über die Bühne. 2009 hatte Michael Steiner Business Angel Day ins Leben gerufen, um die heimische Business-Angel-Szene anzukurbeln. Ein Interview mit dem Investor über die „Modeerscheinung“ Startup, Rahmenbedingungen in Österreich und gute und böse Engel.
atmedia.at: Herr Steiner, Startups zu gründen und in diese zu investieren, ist, so wird es von Medien transportiert, ein Kinderspiel geworden. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Michael Steiner: Die großen Hürden sind erst einmal beiseite geräumt. Trotzdem sollte man sich nicht leichtfertig ins Rennen stürzen – weder als Gründer noch als Investor. Es ist schon richtig, der Erfolg einiger Gründer, speziell im Online- und im Medienbereich, wird in der Öffentlichkeit sehr stark wahrgenommen. Das ist im Grunde auch gut, weil es das Klima für Startups und ihre Finanzierung verändert und junge Menschen anzieht. Negativ daran ist, dass es manche zu schnell angehen, das schnelle Geld sehen. Gilt für Investoren wie Gründer.
Aber es hat sich da eine auch recht lebensfroh wirkende Community gebildet.
Ja, man trifft sich regelmäßig und es ist sicher auch lustig, da dabei zu sein. Im Vordergrund muss aber stehen, dass man mit einer tollen Idee sein eigener Chef werden will, und dafür muss man sich als künftiger Unternehmer oder Investor aber auch eine profunde Basis aneignen. Andernfalls kann es schwer daneben gehen. Dass gilt auch dafür, dass man sich genau anschauen muss, mit wen man eine wirtschaftliche Verbindung eingeht.
Es gibt also auch böse Engel?
Bei Business Angels sehe ich die Gefahr weniger. Das ist wie eine Ehe – man lernt sich über längeren Zeitraum kennen. Und Sie würden dann ja auch nicht sagen, Sie sind mit einer „bösen“ Frau verheiratet, vielleicht aber mit der falschen. Das Problem seh ich woanders: Der Startup Trend wird von einigen recht bewusst negativ ausgenutzt. Zum einen von institutionellen Investoren, die sich auf Seriengründungen spezialisieren – aus Deutschland gibt es ein sehr prominentes Beispiel. Die holen sich unter dem Startup-Vorwand junge Leute mit einer Top-Ausbildung in ein System, in dem diese dann nicht nachhaltig erfolgreich sein können. Oder zumindest für ihren Erfolg nicht das Versprochene bekommen. Und Gründer bedienen sich immer öfter desselben Tricks. Sie zeichnen jungen Absolventen ein Bild von grenzenloser Freiheit, ungeahnten finanziellen Möglichkeiten und dem raschen Weg selbst Unternehmer zu werden. In Wahrheit schaut die Sache dann ganz anders aus: Sie dürfen wenig entscheiden, verdienen schlecht, müssen härter arbeiten als sie jemals getan haben und letzten Endes bleibt wenig über. Man muss also kühlen Kopf bewahren, sich nicht vom Hype anstecken lassen und sich genau anschauen, mit wem man sich worauf einlässt und vor allem was man selber eigentlich will.
Eine Gelegenheit bietet der Business Angel Day, den Sie 2009 initiiert haben und bei dem Sie heute noch im Rahmen des Business Angel Award aktiv sind. Was war die Idee dahinter?
Wie bewerten Sie die Rahmenbedingungen?
Zum Status quo: Es hat sich in den vergangenen zehn Jahren sehr viel getan. Die Hauptleistung, neben Zunahme von Gründungen und alternativer Finanzierung, ist die internationale Durchlässigkeit. Das heißt immer mehr heimische Unternehmen bekommen Unterstützung von internationalen Investoren – zum Teil Finanzinvestoren, zum Teil Strategen. Das ist tatsächlich ein kleiner Durchbruch. Im letzten Jahr gab es schon eine Handvoll Transaktionen mit internationaler Beteiligung. Davor waren es vielleicht mal eine oder zwei pro Jahr. Außerdem denken viel mehr Leute darüber nach, als Business Angel aktiv zu werden. Es denken auch mehr Gründer nach, Business Angels für ihr Unternehmen zu bekommen. Sehr viel zu der Veränderung beigetragen haben Initiativen wie Pioneers, die Austrian Angel Investors Association, aktive Business Angels und natürlich auch die Politik mit den Fördereinrichtungen wie AplusB-Zentren und der AWS. Trotzdem - Österreich ist im internationalen Vergleich immer noch deutlich unterentwickelt. Wenn man unser Land mit einem der ältesten Business Angel-Märkte vergleicht, den USA, und man legt die dortigen Zahlen auf Österreich um, dann haben wir noch nicht einmal fünf Prozent des Potenzials ausgehoben. Das heißt, es ist noch unglaublich viel zu tun.
Was ist die Leitlinie beim Business Angel Day?
Es ist eine Gebrauchsanleitung für Angel Investing. Auf der einen Seite bekommt man dort mit der Pitching Session eine sehr gute Auswahl an Startups präsentiert. Auf der anderen Seite werden Erfolgsfaktoren von Business Angels sehr intensiv diskutiert. Zum Beispiel: Wie muss ich mein Startup gemeinsam mit dem Managementteam gestalten, um internationale Investoren anzusprechen? Oder: Wie kann ich meinem Team in einer Krisensituation helfen? Der große Vorteil für Startups und Angels ist, dass viele dort vertreten sind. Ein wichtiger Punkt ist ja die Möglichkeit, sich dort auszutauschen. Um das zu illustrieren: Allein drei Startups haben im Vorjahr auf dem Business Angel Day ihre Finanzierung vereinbart. Einer der Investoren wurde zum Angel des Jahres nominiert.
Kann ein normaler Mensch hingehen?
Ich hoffe, dass viele normale Menschen hingehen. Aber im Ernst – wie bei allen Fachveranstaltungen fliegen viele Fremdwörter und Anglizismen durch die Gegend. Davon einmal abgesehen wird sich dort sicher niemand langweilen, der sich dafür interessiert, was diese junge Unternehmen erfolgreich macht.
Zur Person
Michael Steiner (31) beschäftigt sich seit über 10 Jahren mit dem heimischen Eigenkapitalmarkt. Er gründete einen der ersten Frühphasenfinanzierer in Österreich sowie die Austrian Business Angel Days.
Steiner ist Vorsitzender des Investment Komitees des AWS Gründerfonds, der größten Venture Capital Initiative in Österreich und leitet das operative Investment Team der CUDOS Gruppe, einem international tätigen Private Equity Fond.