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Flagships gegen Filterbubbles: Zeitungen als Informations-Rückgrat

Dieser Mittwochvormittag begann mit selbstbewusster Abgrenzung: "Wir werden nicht in den Tenor der Hetze in den Sozialen Medien einstimmen", stellte Verlegerpräsident Thomas Kralinger bei der Präsentation des Public-Value-Berichts des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) klar. Und: "Unsere Meinung kann man nicht kaufen. Wir berichten unabhängig und frei. Unser Geschäftsmodell spart daher aus Überzeugung einen Geschäftsbereich aus, den andere Medien ungeniert bestreiten." Bekannte Sätze, deren Bedeutung in den vergangenen Monaten jedoch zugenommen hat, wie eine Analyse zeigen sollte, die der VÖZ daraufhin präsentierte.

Zwei Klassen

Walter Osztovics, Managing Partner von Kovar & Partners, hat dafür 30 Experten zur Zukunft der Medien befragt. Heraus kamen bedenkliche Befunde wie dieser: "Beim Mediennutzungsverhalten der Jungen entsteht die Gefahr, dass eine ganze Generation politisches Interesse, Orientierung und Diskursfähigkeit verliert".

Drastischer gesagt: Es gibt junge Leute, die schlecht gebildet sind und sich ausschließlich über soziale Netzwerke informieren. Eine gefährliche Spirale, denn die Info-Selektion in den Sozialen Medien führe zu einem immer engeren Blick auf die Welt. "Was nicht der eigenen Meinung oder dem eigenen Interesse entspricht, wird gar nicht mehr wahrgenommen. Rund um den User entsteht eine Filter Bubble, in der er nur jenen Teil der Welt sieht, der ihn im Status quo bestätigt", warnt Osztovics. "Stammtisch bleibt Stammtisch, auch wenn er via Smartphone-App zustande kommt", so der Studienautor. Sein Fazit: Bildung und Medienpädagogik seien gefordert.

Osztovics brach auch eine Lanze für die gedruckten Zeitungen. Diese seien die "Flagships der Markenidentität", die auch auf den Online-Auftritt ausstrahlen. Die tragischen Ereignisse in Paris hätten außerdem gezeigt, dass die Menschen sogar die gedruckten Sonderausgaben der Zeitungen kaufen. Online diene der schnellen Information, Print der Einordnung.

Meinung, Fakten

Philosophieprofessor Konrad Paul Liessmann setzte im Anschluss zu einer Medienschelte an: Meinung werde zu oft ausgestellt, statt Fakten zu berichten. Und: Immer mehr Medien würden aus immer weniger Quellen und Nachrichtenagenturen gespeist, was zu seltsamen Rückkoppelungen führt. Studien in den USA hätten ergeben, dass 80 Prozent der online kursierenden Zitate aus einem kleinen Kreis von Leitmedien stamme.

Gleichstellung

Der VÖZ fordert eine medienrechtliche Gleichstellung zwischen Medienunternehmen und Social-Media-Kanälen wie Facebook oder Twitter. Üble Nachrede oder Beschimpfungen mit schwerwiegenden Auswirkungen für den Betroffenen sollen dort gleich geahndet werden wie bei richtigen Medien.

Diese werden auch für Postings verurteilt. Einmal mehr trat Verlegerpräsident Kralinger außerdem für die Reform und Aufstockung der Presseförderung ein: "Wir brauchen daher ein deutliches Zeichen der Bundesregierung, dass sie ihr Bekenntnis zur Förderung der Titelvielfalt und des Qualitätsjournalismus endlich durch die Umsetzung einer neuen Presseförderung realisiert."