Wirtschaft

Asylkosten: Schub für Wachstum oder Schulden?

Geben die Staatsausgaben für die Bewältigung der Flüchtlingskrise Österreichs Wirtschaft einen Schubs? Nötig wäre es, denn momentan kommt die Konjunktur nur im Kriechgang voran: Im dritten Quartal stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Österreich laut Eurostat gegenüber dem Vorjahreszeitraum nur um 0,8 Prozent – das ist das halbe Wachstum des Euroraums. Die Ausgaben für die Versorgung der Flüchtlinge könnten "in der kurzen Frist konjunkturstimulierend" wirken, hat die Oesterreichische Nationalbank jüngst kommentiert.

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Kosten vor Konjunktur

Finanzminister Hans Jörg Schelling kann dieser Sicht wenig abgewinnen. Eine Milliarde Euro habe Österreich ins Budget gestellt. "Das ist aber erst der Beginn. Das größte und teuerste Problem wird die Integration derer, die dableiben", sagte Schelling am Freitag. Das benötige Investitionen in Kindergärten, Schulen, Wohnungen und vor allem die Integration in den Arbeitsmarkt: "Man schätzt derzeit, dass man kurzfristig sieben Prozent bis maximal neun Prozent der Asylwerber im Arbeitsmarkt platzieren kann." Die anderen würden, sobald sie asylberechtigt sind, aus der Mindestsicherung finanziert.

Manche Forscher argumentieren, dass die Flüchtlinge das Geld, das sie erhalten, schließlich ausgeben und so den Konsum ankurbeln. "Das Problem ist: Das ist Ihr Geld; Sozialleistungen und Steuergeld", sagte Schelling nach seinem Vortrag vor der Amerikanischen Handelskammer (AmCham). "Also finanzieren wir jetzt, auf Schulden, wenn man so will, Wachstum." Wie sich das mittelfristig auswirken werde, bleibe abzuwarten. Deutschland tue sich etwas leichter, weil dort die Bevölkerungszahl auf lange Sicht sinke.

Kranker Mann Finnland

In Finnland schrillen die Alarmglocken laut: Die Skandinavier waren mit 0,6 Prozent BIP-Minus das Schlusslicht der Währungsunion, noch hinter Griechenland (–0,4 Prozent) und Estland (+0,5 Prozent zum Vorjahresquartal). 2015 wird das vierte finnische Rezessionsjahr in Folge sein. "Eigentlich sind wir der neue kranke Mann Europas", sagte Finanzminister Alexander Stubb. Das einstige Musterland leidet unter zu rasch gestiegenen Löhnen, dem Niedergang von Nokia, der schwächelnden Papierindustrie und der Rezession beim Nachbarn Russland. In Deutschland hat sich das Wachstum leicht abgeschwächt, das Plus zum Vorjahresquartal betrug 1,7 Prozent. Die Konjunktur wird vom privaten wie staatlichen Konsum gestützt, die Exporte und Industrie schwächeln.

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Zwischen angesäuert, genervt und ungeduldig: So ließe sich die Reaktion des Finanzministers umschreiben, wenn von sinkender Standortqualität die Rede ist – wie am Freitag bei der Amerikanischen Handelskammer (AmCham). DieUS-Firmen in Österreichbeurteilen die Lage zusehends kritischer: 32 von 100 befragten Firmenchefs (mit 26.000 Mitarbeitern) sagten, Österreich sei in den letzten 12 Monaten weniger attraktiv geworden. Nur 13 sehen eine Verbesserung. Bei der Geschäftserwartung überwiegen die Optimisten: 27 blicken positiv aufs nächste halbe Jahr, nur 9 negativ. Gegenüber der März-Umfrage (35 positiv, 10 negativ) ist das aber eine Verschlechterung.

Investitionsanreize

„Ja, wir sind in manchen Rankings zurückgefallen“, sagte Schelling. Österreich schlechtzureden bringe aber nichts, man müsse wieder zurück an die Spitze. Für 2016 kündigte Schelling eine Investitionszuwachsprämie für Klein- und Mittelbetriebe an.