Wirtschaft

Gutachter bringt Immofinanz in Bedrängnis

Am Wiener Handelsgericht ging am vergangenen Freitag ein brisanter Musterprozess eines Immofinanz-Anlegers gegen die ehemalige Constantia Privatbank, heute Aviso Zeta, über die Bühne. Investor Gustav Ö., vertreten von Anwalt Ulrich Salburg und dem Prozessfinanzierer AdvoFin, fordert von der Ex-Bank, die heute zum Immofinanz-Konzern gehört, Schadenersatz wegen Verletzung der Ad-hoc-Meldepflicht und wegen Kursmanipulation. Streitwert: 85.000 Euro. „Der Sachverständige Christian Imo hat in der Verhandlung viele Vorwürfe untermauert“, sagt AdvoFin-Chef Franz Kallinger. AdvoFin vertritt insgesamt 3300 Immofinanz-Anleger mit rund 200 Millionen Euro Schadenersatz-Forderungen.

Rückkäufe verheimlicht

Im Gutachten, das er am Freitag vor Richter Johannes Wanke noch ergänzte, kommt Imo zum Schluss, dass die Constantia in der Ära von Karl Petrikovics dem Anleger im Zuge seines Immofinanz-Investments „Umstände von erheblicher Bedeutung verschwiegen“ hat. Hätte der Investor davon gewusst, so Imo, hätte er „seine Anlageentscheidung überdacht bzw. neu überprüft“.

So verheimlichte die Bank, dass sie 2006 und 2007 ein Rückkauf-Programm mit Immofinanz- und Immoeast-Aktien im Ausmaß von einer Milliarde Euro bzw. mehr als einer halben Milliarde Euro durchführte. Dass sie diese verdeckten Käufe mit Geldern von Immofinanz und Immoeast finanzierte, wurde den Anlegern ebenso wenig kommuniziert wie die Tatsache, dass die Gewinne aus diesen Aktienspekulationen von der Constantia eingestreift wurden. Denn: 2006 konnte die Bank die zurückgekauften Aktien wieder auf dem Markt platzieren. 2007 blieb sie aufgrund der Immobilienkrise auf den Aktien sitzen. Als diese Missstände 2008 aufflogen, verloren die Anleger laut Imo das Vertrauen in die Immofinanz: Der Aktienkurs fiel tief.

„Der entstandene Schaden aus den Kursverlusten und den Refinanzierungskosten der angekauften Aktien belief sich Mitte 2008 auf deutlich mehr als 300 Millionen Euro“, stellte der Gutachter fest. Zwar kann er nicht ausschließen, dass die Rückkäufe an einzelnen Handelstagen „zu künstlichen Kursniveaus geführt haben“, für eine dauerhafte Kursmanipulation fand er keine „ausreichenden Anhaltspunkte“.

Gustav Ö. hätte sicher keine Aktien der Immofinanz gekauft, hätte er gewusst, welcher Missbrauch mit den Geldern der Kunden gemacht wurde“, sagt der AdvoFin-Chef. Indes bestreitet die Aviso Zeta alle Vorwürfe. Aviso-Zeta-Vorstand Stefan Frömmel: „Aufgrund der bisherigen Verfahrensergebnisse sind wir zuversichtlich, dass unser Rechtsstandpunkt erfolgreich sein wird.“ Das Urteil steht noch aus.