900.000 nutzen eigene Quelle
Muss das Wasser in private Hände? Für Manfred Eisenhut, Bereichsleiter Wasser in der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW), ist die aktuelle Diskussion über die Liberalisierung des EU-Wassermarktes jedenfalls kein Sturm im Wasserglas: „Eine Konzessionsrichtlinie ist natürlich noch keine Privatisierung. Aber sie versucht, einen Fuß zur Liberalisierung in die Tür zu stellen. Und diese Tür könnte dann bald weit aufgestoßen werden.“ Die Verpflichtung zur EU-weiten Ausschreibung einer Konzession für die Wasserversorgung könnte – argwöhnt Eisenhut – durch die Hintertür erzwungen werden. Etwa dadurch, dass ein international agierender Konzern diese beim europäischen Gerichtshof (EuGH) einklagt.
Die Versorgung mit Trinkwasser könnte dadurch in private – und vielfach ausländische Hände geraten. Was angesichts der Bedeutung der Trinkwasserversorgung wenig wünschenswert sei.
Selbstversorger
Allerdings ist nicht alles Wasser in öffentlicher Hand: Zwar hängen 90 Prozent der Bevölkerung an öffentlichen Versorgern oder Wassergenossenschaften, aber mehr als 900.000 Österreicher trinken Wasser aus ihrer eigenen Quelle, das sind immerhin zehn Prozent aller Haushalte. Die Zahl der privaten Hausbrunnen und Hausquellen ist im EU-Vergleich relativ hoch, aber nach Bundesländern äußerst unterschiedlich. So hat in Oberösterreich jeder fünfte Haushalt eine Einzelwasserversorgung, während es in Kärnten und Tirol weniger als zehn Prozent sind. Gründe für die hohe Eigenversorgung in Oberösterreich sind nicht nur die vielen Streusiedelungen und die Viehhaltung, sondern auch „emotionale“, weiß Wolfgang Aichlseder, zuständig für die Wassergenossenschaften in Oberösterreich. „Das eigene Wasser gibt ein Gefühl der Unabhängigkeit.“ Es gebe sogar wieder einen Trend zurück zum eigenen Brunnen. „Wenn Städter aufs Land ziehen, dann wollen sie meistens auch einen eigenen Hausbrunnen“, erzählt Aichlseder.
Da meist kein Wasserzähler vorhanden ist, wissen laut einer Umfrage zwei Drittel der Hausbrunnenbesitzer gar nicht, was sie das Wasser kostet. Finanziell sei die Eigenversorgung aber meist kein Vorteil, weil die Kosten (Strom, Instandhaltung, Reparaturen, Untersuchungen etc.) höher seien als bei öffentlichen Wasserversorgern. Genutzt werden darf das Wasser nur für den eigenen Haus- und Wirtschaftsbedarf, gewerbliche Nutzung ist bewilligungspflichtig.
Privatisierung
Mehr privat als die Versorgung aus dem eigenen Brunnen wünschen sich die heimischen Kunden auch nicht. Daher sei Österreich für ausländische Wasserkonzerne wie Veolia oder Suez auch kein interessanter Markt, sagt Karin Gastinger vom Consulting-Unternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC). Städte und Gemeinden seien viel zu klein für ein profitables Geschäftsmodell, einzig Wien käme wegen der hohen Einwohnerzahl in Frage. Ein Hindernis ist auch der Umstand, dass hohe Preissteigerungen zur Erhöhung der Gewinne in Österreich praktisch nicht durchsetzbar sind.
Was auch der teilprivatisierte niederösterreichische Versorger EVN weiß. Die EVN ist mit gut 500.000 Einzelkunden in rund 30 Gemeinden zweitgrößter „Wasserträger“ hinter den Wiener Wasserwerken. Allerdings musste die EVN den Gemeinden vertraglich zusagen, dass die Preise jährlich nur um die Inflationsrate steigen.
Hierzulande eine teure Alternative zum Leitungswasser, in vielen trockenen Gegenden der Erde die einzige Möglichkeit, sauberes Wasser zu trinken: Mehr als 90 Milliarden Liter Trinkwasser werden pro Jahr in Plastikflaschen verkauft.
Multis wie Nestlé, Danone, Coca-Cola und Pepsi beherrschen den Weltmarkt. Nestlé ist Marktführer bei abgefülltem Wasser, Marken wie Perrier, Vittel oder Pure Life bescheren dem Schweizer Lebensmittelkonzern 7,5 Mrd. Euro Umsatz pro Jahr. Kritiker werfen dem Konzern vor, in armen Ländern Wassservorräte auszubeuten und ganze Regionen zu Flaschenwasser zu zwingen.
In Österreich wird mehr Mineralwasser importiert als exportiert. Das große Geschäft mit hochwertigem Quellwasser aus den Alpen ist bisher ausgeblieben. Hohe Logistikkosten gelten als Hauptgrund. Der Großteil der Mineralwasser-Abfüller ist – wie Marktführer Vöslauer – in österreichischer Hand, doch auch Ausländer fassten Fuß. So gehört Waldquelle Karlsbader Mineral dem größten Mineralwasserabfüller Tschechiens. 2003 stieg Coca-Cola Hellenic bei Römerquelle ein. Die Abfüllanlage im burgenländischen Edelstal wurde inzwischen zum zentralen Produktionsstandort ausgebaut. Gasteiner gehört zur Hälfte der Brau Union (Heineken), und an Peterquelle hält eine Beteiligungsgesellschaft der Haribo-Eigentümer Riegel die Mehrheit. Güssinger wurde 2012 von der saudiarabischen Al-Qahtani Group an Wiener Investoren verkauft.