Wien Will’s Wissen

„Ich will das Naturhistorische Museum noch sichtbarer machen“

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In einem ihrer ersten Interviews sagte Dr. Katrin Vohland, wissenschaftliche Geschäftsführerin und Generaldirektorin des Naturhistorischen Museums Wien (NHM), das Haus habe großes Potenzial, die Fragen der Zukunft zu beantworten. Wie die Biologin das genau meint, erläutert sie im Gespräch.

Können Sie sich an Museumsbesuche in Ihrer Kindheit erinnern?

Dr. Katrin Vohland: Ja, natürlich. Meine Omi wohnte in der Nähe des Museums für Völkerkunde in Hamburg – und ich bin oft hingegangen, weil es mir einfach die Welt eröffnet hat.

Haben Sie von damals etwas mitgenommen, was Ihnen für ein Museum vorschwebt?

Die Idee, was ein Museum leisten soll, ist eine andere als in meiner Kindheit. Eine meiner ersten Aktivitäten war deshalb, mit den Kolleg*innen im Haus ein Leitbild für das NHM zu erarbeiten. Unsere Visionen waren sehr ähnlich: Wir sehen das Haus als Forschungseinrichtung, als Einrichtung mit Bildungsauftrag und als Einrichtung, die Verantwortung hat. Es soll offen für Wissenschaftskommunikation sein und etwas zum Mensch-Natur-Verhältnis beitragen. Ein Beispiel: Wir beschäftigen uns mit der Frage, wie man mit Lösungen aus der Natur die Klimakrise bewältigen kann. Und unsere Forschungsergebnisse wollen wir der Gesellschaft zugänglich machen. Das ist der Gedanke, der viele Kolleg*innen im Haus trägt.

Welche Schritte setzen Sie?

Unsere 30 Millionen Sammlungsobjekte sind von internationaler Bedeutung. Darüber hinaus ist das Haus eine starke wissenschaftliche Einrichtung. Doch über einen engen Kreis hinaus ist das zu wenig bekannt. Deshalb ist es mir ein großes Anliegen, das Haus stärker in seiner Gesamtheit zu erfassen, um seine Bedeutung und Forschung sichtbarer zu machen.

Konkret bedeutet das, dass wir die Sammlungsobjekte erschließen. Wir sind dabei, eine digitale Datenbank zu erstellen. Das klingt einfach, ist es aber nicht. Denn jede Sammlung hat unterschiedliche Bedürfnisse, die wir gerade erfassen. Das Ergebnis soll eine öffentliche Datenbank sein, in der ersichtlich ist, woher das Objekt stammt und wer es gesammelt hat. Auch Scans von Gewebeproben oder DNA-Analysen sollen abrufbar sein. Im NHM findet sich auch ein Wissenschaftsarchiv, mit dem die Datenbank verknüpft wird. Man kann dann etwa nach der Novara-Expedition suchen und erhält nicht nur zu dieser Informationen, sondern auch zu den Objekten, die dabei gesammelt wurden und natürlich auch zu der heutigen Forschung. Die Datenbank ist sicherlich noch ein längerer Prozess, aber der erste Schritt ist getan.

Andererseits ist es unsere Verantwortung, diese Sammlungsobjekte physisch zu bewahren. Da wir räumlich an unsere Grenzen stoßen, sind wir dabei, alles neu zu organisieren. Wir arbeiten an einer weiteren Unterkellerung mit optimalen Bedingungen für die Sammlung. Das ist eine große Verantwortung, die wir für die Allgemeinheit tragen.

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Das Haus ist eine Forschungseinrichtung und eine Einrichtung mit Bildungsauftrag und Verantwortung

Dr. Katrin Vohland, Generaldirektorin NHM

Wie Sie erwähnt haben, hat das NHM auch einen Bildungsauftrag. Was wollen Sie für die Besucher*innen verändern?

Das Haus ist einmalig, weil es so konzipiert wurde, dass die Sammlungen mit der Raumgestaltung im Einklang sind. Wo etwa Insekten ausgestellt wurden, finden sich diese in der Deckenmalerei wieder. Das ist für die Besucher*innen großteils nicht mehr ersichtlich, beziehungsweise stimmt es auch nicht mehr. Deshalb investieren wir gerade sehr viel in die Dauerausstellungen. Ziel ist es, dass man, wenn man durch das Haus geht, den Stammbaum des Lebens erfasst. Wir wollen die genetische Vielfalt erlebbar machen und zeigen, was Evolution bedeutet – ergänzt mit den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen dazu.

Die Idee ist, dass sich am Eingang jedes Saals eine Vitrine finden wird, die als Eingangstext fungiert, sodass die Besucher*innen wissen, was sie erwartet. Und dann werden die Exponate zu dem Thema logisch aufgestellt, teils auch zum Angreifen, was mir sehr wichtig ist. Ein neues Lichtkonzept soll nicht nur die Vitrinen besser beleuchten, sondern auch die Verbindung zu der Deckengestaltung herstellen. Um Platz für die botanische Sammlung, die nicht ausgestellt ist, zu gewinnen, öffnen wir für die Besucher*innen bislang nicht zugängliche Räume im zweiten Stock. Von dort hat man dann auch einen spektakulären Blick in die Kuppelhalle. All das erfolgt Step by step, aber ich denke, wir werden das volle Potenzial des NHM ausschöpfen können.