Mit den Piefke zum Public Viewing
Von Julia Schrenk
Goldene Glitzer-Hose, goldenes Glitzer-Top, roter Nagellack, grüne Schuhe, grüne Jacke mit der Nummer Eins aufgenäht und eine schwarz-rot-gelbe Blume im Haar. Das ist Sylvie (37) nach ihrem finalen WM-Umstyling am Sonntag. "Wenn die Deutschen gewinnen, lasse ich mir das DFB-Logo tätowieren", sagt sie. Gemeinsam mit Svenja, Danny und Oliver ist die Deutsche zu WM-Zeiten nebenberuflich "Fan der deutschen Nationalmannschaft und deren Trainer". Die Liebe zu "Schland" ist aber erst in den vergangenen Jahren gewachsen.
Bis zum Spiel Deutschland gegen Polen bei der WM 2006 fand Sylvie Fußball langweilig. Damals wurde die Deutsche von Kollegen widerwillig zu einem Public Viewing geschleppt. Und als der eingewechselte Oliver Neuville damals in der ersten Minute der Nachspielzeit jenes Tor schoss, das der deutschen Nationalmannschaft den zweiten Sieg im zweiten Gruppenspiel bescherte, hat sich Sylvie "plötzlich dabei erwischt, jubelnd und schreiend in der Menge zu stehen". "Ja, ich bin ein Kind des Sommermärchens", sagt sie.
Vorspiel
Dass Deutsche öffentlich ihre Landesfarben tragen und ihre Fahne hochhalten, war nicht immer so. "Du wächst als Deutsche damit auf, dass es einen fahlen Beigeschmack hat, wenn du eine Deutschland-Fahne schwingst", erzählt Sylvie. Erst seit 2006 sei das anders: "Viele haben sich damals gedacht: Ey, warum sollen nicht auch wir beim Fußball unsere Fahnen schwingen?" Und das machen die Deutschen jetzt.
Nachspiel
Wer dort ein sicheres Plätzchen für das Finale ergattern wollte, musste früh da sein. Schon um 18 Uhr hat das "Vorfeiern für das Finale" begonnen, um 19 Uhr waren die besten Plätze besetzt. Bis zum Anpfiff blieb den Fans Bier, Wein und Currywurst.
Aber auch danach wollte 93 Minuten lang kaum Stimmung aufkommen. Erst in der Verlängerung kamen die Fans in der Adria in Fahrt. Zumindest zwischen den andächtigen Schweigeminuten. "Der Götze, der macht das jetzt", sagte Danny, als Götze eingewechselt wurde. Und recht hatte sie. Die Fans sprangen, sie schrien, sie sangen und lagen sich tatsächlich in den Armen. "Ich will jetzt Prosecco", schrie Sylvie nach dem Sieg. Den hat sie auch bekommen. Was jetzt aus dem Tattoo mit dem DFB-Logo wird? "Da muss ich mir jetzt wohl berlegen, wohin ich das haben will."