Joker schießt Schweiz zum Sieg
Es ist äußerst schwer, gegen uns Tore zu erzielen", hatte Ottmar Hitzfeld dieser Tage in Brasilien gemeint und auf die Vorzüge seiner Schweizer Nationalmannschaft hingewiesen, die es mit Disziplin, Ordnung und einem starken Kollektiv bis auf Platz sechs der FIFA-Rangliste geschafft hat.
Im Estadio Nacional von Brasília war von all den Qualitäten lange sehr wenig zu sehen. Und angesichts der desolaten Performance in den ersten 45 Minuten gegen Ecuador musste sich den 68.000 Fans im Stadion zwangsläufig die Frage stellen: Wie haben es diese Schweizer nur in der Weltrangliste in die Top Ten geschafft? Und außerdem: Wie kommt Ottmar Hitzfeld bloß darauf, dass es äußerst schwer sei, gegen sein Team ein Tor zu erzielen?
Die Ecuadorianer kamen im ersten Gruppenspiel jedenfalls ohne großes Zutun zu ihrem Führungstreffer: Nach einem Freistoß hatte Enner Valencia im Fünf-Meter-Raum keinen Gegenspieler und deshalb auch keine Mühe, den Ball im Tor unterzubringen – 0:1 (22.).
Runderneuert
Die erste Reaktion der Schweizer auf den Fehlstart in die WM? Eine kollektive Schockstarre, die bis zum Ende der ersten Halbzeit andauern sollte. Es brauchte schon eine Kabinenansprache und eine Personalrochade, damit sich die Schweizer vom unnötigen Gegentor erholten.
Die Pause ist dem Favoriten sichtlich gut bekommen. Zwar hatte Hitzfeld nur Stocker durch Mehmedi ersetzt, doch das Schweizer Team präsentierte sich wie runderneuert. Keine 130 Sekunden nach der Einwechslung wuchtete Mehmedi einen Cornerball mit dem Kopf ins Tor – eine Kopie des Führungstreffers von Ecuador.
Der Ausgleich war der Startschuss zu einer unterhaltsameren zweiten Spielhälfte, die für die langweiligen ersten 45 Minuten entschädigte. Beide Teams hatten mehrmals den Lucky Punch auf dem Fuß, in der Nachspielzeit machte Joker Seferovic die Trendwende perfekt. Der Last-Minute-Treffer sorgte dann auch für ausgleichende Gerechtigkeit für die Schweizer, die während der gesamten Partie zehn (!) Kilometer mehr liefen als die Südamerikaner. Der usbekische Schiedsrichter Irmatow hatte in der 70. Minute ein Tor von Drmic wegen Abseits aberkannt. Die TV-Bilder zeigten: Es war eine Fehlentscheidung.
Ottmar Hitzfeld (Teamchef Schweiz): "Das ist unglaublich, dass wir es doch noch geschafft haben. Wir sind glücklich, dass wir drei Punkte geholt haben. Am Anfang haben wir nicht unseren Rhythmus gefunden. Der Druck war in der ersten Viertelstunde hoch."
Reinaldo Rueda (Teamchef Ecuador): "So ist Fußball, es kommt vor, dass man in der letzten Minute verliert. Wir haben unsere Ordnung, die stets unsere Taktik charakterisiert, nur in dieser letzten Minute verloren. Wir waren am Ende nicht sortiert und zu sehr von Gefühlen geleitet. Das ist ein moralischer Schlag, aber meine Gruppe hat viel Kraft. Es gibt noch sechs Punkte, es ist noch nichts verloren."
Admir Mehmedi (Schweizer Torschütze zum 1:1): "Es ist ein bisschen glücklich, aber nicht unverdient. Die Moral und der Teamgeist haben für uns den Ausschlag gegeben. Klar war ich enttäuscht, dass ich nicht von Anfang an hatte spielen dürfen. Aber ich war parat für meinen Einsatz. Als Stürmer muss man dort stehen, wo ich beim 1:1 gestanden bin."
Haris Seferovic (Schweizer Torschütze zum 2:1): "Es gibt nichts Schöneres als so ein Tor zu erzielen. Ich hatte bis dahin nicht viele Bälle, aber wenn es drauf an kommt, muss man halt bereit sein. Ein großer Dank gilt meinem Vater. Er hatte heute Geburtstag. Ihm widme ich das Tor."
Enner Valencia (Ecuadors Torschütze zum 1:0): "Ein Punkt wäre für uns sicher verdient gewesen. Wir hätten auch gewinnen können. Beim letzten Spielzug der Schweizer haben wir leider die Kontrolle verloren."