Thema/suedosteuropa

"Es sind keine Kinder mehr da"

Zwei Schadensbilder konnte Rot-Kreuz-Auslandsexperte Max Santner bei seinem jüngsten Besuch im bosnischen und serbischen Krisengebiet ausmachen: Die weitflächigen Überschwemmungen, für die die über die Ufer getretenen Flüsse in den flachen Landesteilen gesorgt haben. Und die massiven Murenabgänge, die der dreitägige Starkregen Mitte Mai ausgelöst hat. Im ersten Fall sind ganze Städte und Orte überflutet worden, im zweiten Fall wurde das Haus der einen Familie von den Schlammmassen weggerissen, während das Nachbarhaus fast unversehrt ist.

Die Hilfsgemeinschaft KURIER AID AUSTRIA unterstützt den Wiederaufbau nach der Flut. Das Rote Kreuz, Raiffeisen und die Caritas schnüren gemeinsam mit dem KURIER Hilfspakete, die zur Hilfe zur Selbsthilfe beitragen – vom Renovieren der Häuser bis zur Anschaffung von Saatgut.

Rot-Kreuz-Experte Santner war in den vergangenen Tagen unter anderem im bosnischen Samac. "Was uns sofort aufgefallen ist – es sind keine Kinder mehr da." Während die Erwachsenen nach dem zurückweichenden Hochwasser versuchen, ihre Häuser und Wohnungen zu sanieren, sind die meisten Kinder bei Verwandten in sicheren Gebieten untergebracht – anders sieht es etwa im serbischen Obrenovac aus, wo viele Familien nach wie vor in Notquartieren wohnen.

Santner lobt auch ausdrücklich die gute Zusammenarbeit der Volksgruppen in Bosnien. "Vor allem auf lokaler Ebene funktioniert das sehr gut." Dem Staat würden aber die wenigsten Bosnier effektive Hilfe zutrauen.

Grenzenlose Hilfe

"Vor einem Monat hätte keiner gedacht, dass sich die Menschen einmal über die Grenzen hinweg helfen würden", sagt auch Dragan Makojevic, Direktor von Philanthropy, einer Hilfsorganisation der serbisch-orthodoxen Kirche, die mit der Caritas zusammenarbeitet. Er steht im Bauerndörfchen Jamena, das im Dreiländereck Serbien, Bosnien, Kroatien liegt und ebenfalls schwer von der Hochwasser-Katastrophe betroffen ist.

"99 Prozent der Häuser wurden überflutet, nachdem ein Damm an der kroatischen Grenze gebrochen ist", schildert Bürgermeister Nikola Vasic. Dann kam die Flut, die 900 Bewohner konnten alle rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden. Viele davon sind Kriegsflüchtlinge, sie haben jetzt zum zweiten Mal ihr Zuhause verloren. Freiwillige von diesseits und jenseits der Grenze helfen ihnen beim Aufräumen.

Pero Payic kann jede Hilfe brauchen. Auf seinem kleinen Bauernhof steigen vier Hühner durch den Schlamm, vorbei an Bergen von kaputten Möbeln und Geräten. Auslaufendes Motoröl aus den überschwemmten Traktoren hat den Boden in der Umgebung von Jamena für Jahre vernichtet. "Aber wenigstens meine Tiere sind in Sicherheit", sagt Payic.