ÖSV-Adler holen Silber

Wer Enttäuschung erwartet hatte, der wurde enttäuscht. Im Augenblick der ersten Mannschafts-Niederlage bei einem Großereignis (WM, Olympia) seit 2003 überwogen im rot-weiß-roten Adlerhorst die Erleichterung, Freude und Genugtuung. Nach all den Turbulenzen der letzten Tage, nach all der Kritik, die nach den Abstürzen in den Einzelbewerben auf die Super-Adler eingeprasselt war, hat die Silbermedaille im Teambewerb hinter Olympiasieger Deutschland und vor Japan für das Quartett Michael Hayböck, Thomas Morgenstern, Thomas Diethart und Gregor Schlierenzauer einen besonderen Glanz und Wert.

„Ich bin sehr, sehr stolz und dankbar, dass ich das erleben darf. Nach allem, was ich in den letzten eineinhalb Monaten durchgemacht habe, löst diese Medaille in mir sehr große Emotionen aus“, sagte Thomas Morgenstern. „Wir können sehr glücklich sein“, ergänzte Gregor Schlierenzauer, „man muss zufrieden sein, mit dem, was wir haben. In der Vergangenheit waren wir ja immer die Goldbank, aber die Zeiten sind inzwischen vorbei.“

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Und es hat ja durchaus auch sein Gutes, dass die Österreicher zuletzt ihre Lufthoheit verloren und etwas von ihrer einstigen Dominanz eingebüßt haben. Bei aller Ekstase über die One-Team-Show der letzten Jahre, nichts ist langweiliger als ein Mannschaftsbewerb wie 2010 in Vancouver, als die Österreicher den ersten Verfolger um 72,1 Punkte distanzierten.

Diesmal lagen nach acht Sprüngen nur 2,7 Zähler zwischen Gold und Silber, oder umgerechnet eineinhalb Meter. Die Fans im Gorki-Stadion bekamen einen der spannendsten Wettkämpfe der Olympia-Geschichte zu sehen, in dem die Führung nahezu in jeder Runde wechselte. „Das war eine positive Werbung für das Skispringen“, meinte Schlierenzauer.

Karrieresprünge

Schon zur Halbzeit hatte sich ein packendes Duell Deutschland gegen Österreich abgezeichnet. 2,5 Punkte trennten da die Österreicher von den Deutschen, danach lagen sie plötzlich wieder 2,4 Zähler voran, eine Runde später dann nur mehr mickrige 0,3 Punkte, ehe die Deutschen in der vorletzten Springer-Runde (Diethart vs. Wellinger) die Österreicher überflügelten und den knappen Vorsprung nach Hause brachten. Unter der Anleitung des Österreichers Werner Schuster holten Deutschlands Adler den ersten Olympiasieg seit 2002.

Der knappe Rückstand konnte den Jubel der Österreicher nicht schmälern. „Silber ist ein Wahnsinn“, jubelte Thomas Diethart, „wenn man bedenkt, wo ich vor eineinhalb Monaten war.“

Einen ähnlichen Karrieresprung hat auch Michael Hayböck hinter sich. Auch der Oberösterreicher sprang vor kurzem noch in den Niederungen des Kontinentalcups, auch Hayböck präsentierte sich bei seinem Olympia-Debüt nervenstark. „Die Freude ist riesig, weil die letzten Tage nicht leicht waren.“

Wer könnte das besser wissen als Cheftrainer Alexander Pointner, der sich in den letzten Tagen mit heftiger Kritik von Superstar Schlierenzauer konfrontiert sah. „Wir haben nicht Gold verloren, sondern Silber gewonnen. Dieser zweite Platz bedeutet uns sehr viel.“

Ob dieses silberne Happy End die Wogen im Team glätten kann, wird sich nach der Saison herausstellen. Der Vertrag von Erfolgscoach Pointner (31 Medaillen bei Großereignissen) läuft aus, und dem Adlerhorst steht ein Umbruch bevor. Die Ära der Super-Adler neigt sich dem Ende zu, und auch Thomas Morgenstern steht vor dem Absprung. „Ich muss mir Gedanken machen, wie es weiter geht.“

Zum Medaillenspiegel

Thomas Diethart (Österreich/Silber): "Es ist so schön, dass wir das geschafft haben. Wir sind alle sehr stark gesprungen, leider habe ich den zweiten Sprung ein bisschen versemmelt. Es war total spannend und richtig geil. Dass wir Silber heimnehmen dürfen ist unglaublich. Es war sehr knapp, aber die Deutschen waren sehr stark und es ist ihnen zu vergönnen. Es ist schon ein Wahnsinn, dass ich überhaupt bei Olympia dabei bin und dass ich jetzt auch noch Silber habe."

Michael Hayböck (Österreich/Silber): "Die Freude ist irrsinnig. Wir haben alle einen fast perfekten Wettkampf gemacht, was nicht leicht war, weil nach wir nach dem Einzel ohne Medaille da gestanden sind. Wir ärgern uns keine Sekunde, sondern freuen uns alle über Silber. Es war für mich viel harte Arbeit, unglaublich, dass alles so aufgegangen ist."

Gregor Schlierenzauer (Österreich/Silber): "Ich freue mich sehr, man muss erst einmal eine Medaille bei Großereignissen machen. Die Zeiten, in denen wir eine Goldbank waren, sind vorbei, da können wir über Silber sehr glücklich sein. Es war generell eine Werbung für den Skisprung-Sport. Die Deutschen haben sich Gold verdient, sie haben in den letzten Jahren hart gearbeitet. Ich bin nach Sotschi gekommen, um Einzelgold zu holen, aber hatte in der ganzer Saison immer Problemchen und war nicht in Topform, schlussendlich hat die Konstanz gefehlt. Skispringen ist ein sehr sensibler Sport, deswegen muss man damit zufrieden sein, was man hat."

Thomas Morgenstern (Österreich/Silber): "Es ist ein ganz eigenes Gefühl. Mir ist es im Moment ein bisschen zu viel, ich würde mich am liebsten gern alleine irgendwohin setzen, um Zeit zum Nachdenken zu haben und meine Gedanken zu ordnen. Ich bin extrem froh und dankbar. Wenn ich die Zeit seit Dezember Revue passieren lasse, kommen viele Emotionen hoch. Es war nie einfach, das alles wegzustecken, wieder hier stehen zu können und in der Mannschaft meine Leistung zu bringen. Es war ein Wettkampf auf höchstem Niveau. Mit so einem Sprung wie dem letzten von Sotschi wegzufahren, habe ich mir gewünscht."

Alexander Poitner (ÖSV-Trainer): "Eine Silbermedaille kann gut leuchten, die haben wir hart erkämpft. Mit zwei Neulingen ist das etwas ganz Besonderes. Die Medaille bedeutet unheimlich viel. Die gesamte Mannschaft ist sehr professionell mit der Situation umgegangen. Wir haben Silber gewonnen und nicht Gold verloren."

Thomas DIETHART (21) Geb.: 25. Februar 1992 in Tulln Wohnort: Matrei (T) Größe/Gewicht: 1,73 m/59 kg Familienstand: ledig Verein: UVB Hinzenbach Hobbys: Turnen, Fotografieren, Skifahren, Sport Homepage: https://www.facebook.com/thomas.diethartGrößte Erfolge: Olympia: Silber 2014 Sotschi Teambewerb Weltcup: 2 Siege (1.1.2014 in Garmisch-Partenkirchen/in seinem erst 6. Weltcupbewerb sowie 6.1.2014 in Bischofshofen), 3. in Oberstdorf (29.12.2013) Vierschanzen-Tournee: Sieger 2013/14 1. Olympia-Teilnahme

Michael HAYBÖCK (22) Geboren: 5. März 1991 in Linz Wohnort: Hallein und Rif/Salzburg Größe/Gewicht: 1,81 m/62 kg Familienstand: ledig Verein: UVB Hinzenbach Hobbys: Golf, Gitarre Homepage: www.michi-hayboeck.comGrößte Erfolge: Olympia: Silber 2014 Sotschi Teambewerb Weltcup: 3. in Wisla (2014), 6. in Willingen (2010), 7. in Oberstdorf (2013), 10. auf dem Kulm (2014) Vierschanzen-Tournee: Gesamt-9. 2013/14 Kontinental-Cup: 10 Siege Junioren-WM: Gold Team 2009, Gold Team und Einzel 2010 1. Olympiateilnahme

Thomas MORGENSTERN (27) Geb.: 30. Oktober 1986 in Spittal/Drau Wohnort: Seeboden/Millstätter See/Kärnten Größe/Gewicht: 1,84 m/69 kg Familienstand: ledig, Tochter Lilly Verein: SV Villach Hobbys: Ski fahren, Fußball, Musik, Fliegen, X-Box Homepage: http://www.thomasmorgenstern.comGrößte Erfolge: Olympia (3-1-0): Gold Einzel und Team 2006 Turin Großschanze, Gold 2010 Vancouver Teambewerb, Silber 2014 Sotschi Teambewerb WM (8-2-1): Gold Einzel 2011 Oslo Normalschanze, Gold Team 2005 Oberstdorf, 2007 Sapporo, 2009 Liberec und 2011 Oslo jeweils Großschanze sowie Oberstdorf 2005 und Oslo 2011jeweils Normalschanze, Gold Team 2013 Val di Fiemme, Silber Einzel 2011 Oslo Großschanze, Silber Mixed 2013 Val di Fiemme Normalschanze, Bronze Einzel 2007 Sapporo Normalschanze Skiflug-WM (3-0-2): Gold Team 2008 Oberstdorf, 2010 Planica und 2012 Vikersund Bronze Einzel 2006 Kulm und Team 2004 Planica Junioren-WM: Gold Einzel 2003, Team 2003 und 2004, Silber Einzel 2004 Weltcup: 23 Siege; Zweifacher Gesamtsieger (2007/08 und 2010/11) Vierschanzen-Tournee: Sieger 2010/11; Gesamt-2. 2007/08, 2011/12 und 2013/14 Auszeichnungen: Österreichs Sportler des Jahres 2008 und 2011 3. Olympia-Teilnahme

Gregor SCHLIERENZAUER (24) Geboren: 7. Jänner 1990 in Hochrum/Tirol Wohnort: Fulpmes/Tirol Größe: 1,80 m/65 kg Familienstand: ledig Verein: SV Innsbruck-Bergisel Hobbys: Fotografie, Musik, Kochen, Skifahren, Golf, Tennis, Poker Homepage: http://www.gregorschlierenzauer.comGrößte Erfolge: Olympia (1-1-2): Gold 2010 Vancouver Teambewerb, Silber 2014 Sotschi Teambewerb, Bronze 2010 Normal- und Großschanze WM (6-3-0): Gold Einzel 2011 Oslo Großschanze, Gold Team 2007 Sapporo, 2009 Liberec, 2011 Oslo Großschanze und Normalschanze, Gold Team 2013 Val di Fiemme, Silber Einzel 2013 Val di Fiemme Normalschanze und 2009 Liberec Normalschanze; Silber Mixed 2013 Val di Fiemme Normalschanze Skiflug-WM (4-1-0): Gold Einzel 2008 Oberstdorf Gold Team 2008 Oberstdorf, Planica 2010 und 2012 Vikersund, Silber Einzel 2010 Planica Weltcup: 52 Siege (Rekordhalter), Gesamtsieger 2008/09, 12/13, Zweiter 09/10 Rekord-Saison 2008/09: 13 Siege (Rekord)/20 Podestplätze Skiflug-Weltcup: Gesamtsieger 2008/09, 2010/11, 2012/13 Junioren-WM: Gold Normalschanze und Team 2006 Vierschanzen-Tournee: Sieger 2011/12 und 12/13, Gesamt-2. 2006/07 - Mit 9 Tagessiegen (Oberstdorf 2006, Bischofshofen 2007, Garmisch 2008, Garmisch 2010, Innsbruck 2010, Oberstdorf 2011, Garmisch 2012, Innsbruck und Bischofshofen 2013) erfolgreichster Österreicher in Tournee-Geschichte 2. Olympia-Teilnahme