Thema/Olympia-2014

Superkombi-Pleite mit Ansage und guten Gründen

Sie hatten vollauf recht mit ihrer Einschätzung: "Wir sind halt allesamt keine Slalom-Koryphäen", hatte Matthias Mayer am Mittwoch gesagt, und das ist in der Superkombination blöderweise ein ziemlich wichtiger Aspekt.

Der Kärntner Olympiasieger in der Abfahrt hatte neben seiner Person auch seine Landsleute Max Franz und Otmar Striedinger gemeint, ein wenig auch Romed Baumann miteinbezogen – und so war das Ergebnis der Superkombination am Freitag schnell erklärt. Mayer landete als bester Österreicher auf Platz 13, Baumann direkt dahinter, Striedinger wurde 21. – und Franz schied aus.

Die Ernüchterung des ÖSV-Teams blieb großteils überschaubar, zumal der bester Kombinierer – Benjamin Raich – wegen seiner Rückenprobleme noch nicht in den Westkaukasus gereist ist.

Klatsche

Weil Raich fehlte, wäre es am WM-Dritten von 2013 gewesen, die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Doch Romed Baumann enttäuschte schon in der Abfahrt: "Ich hatte mir viel mehr erhofft." 2,12 Sekunden Rückstand hatte er auf den Schnellsten, den Norweger Kjetil Jansrud, das reichte gerade einmal für Platz 21. "Es war bitter, als ich im Ziel abgeschwungen habe und gesehen habe, wie viel Zeit ich da verloren hatte", gestand der Tiroler, "ich muss mir meine Fahrt noch einmal genau anschauen, um zu erkennen, warum ich da so eine Klatsche bekommen hab’."

Im Slalom machte er zwar noch einige Plätze gut, doch von seinem Ziel – einer Medaille – war Baumann knapp zwei Sekunden entfernt. Sein schwacher Trost: "Es sind auch einige Spezialisten wie Ted Ligety oder Alexis Pinturault nicht in die Top Ten gekommen", und so reist er am Samstag mit leeren Händen nach Hause.

Otmar Striedinger konnte unter der Rubrik "Positiv" verbuchen, "mit Blick auf den Super-G am Sonntag wieder in den Renn-Rhythmus gekommen" zu sein, "außerdem passt mein Set-up, das ist auch gut." Letztere Erkenntnis ist vor allem deshalb wichtig, weil sich die Piste bei den warmen Temperaturen der letzten Tage massiv verändert hat: Wo bei der Abfahrt am vergangenen Sonntag noch blankes Eis war, ist keines mehr.

Gutes Zeichen

Dieser Wandel ist Matthias Mayer gar nicht so unrecht. "Man muss sich technisch zwar ein bissl umstellen, aber mir ist das heute in der Abfahrt ganz gut gelungen", die drittbeste Zeit hinter Kjetil Jansrud und Ondrej Bank "ist ein gutes Zeichen". Der Slalom des 23-Jährigen ist und bleibt hingegen ausbaufähig, "ich hab’ noch einen Fehler eingebaut, aber auch wenn ich den weglass’, bin ich noch weit von den Medaillen weg."

Max Franz (Fünfter in der Abfahrt) sorgte mit einem Hoppala im Stangenwald für "Aaah" und "Oooh" auf der Tribüne, "es scheint, als wäre ich beweglich", kommentierte der 24-Jährige seine wilden Verrenkungen, die in einem Ausfall mündeten.

Das letzte Raunen auf den Tribünen gehörte aber Ondrej Bank: Nach der Abfahrt seines Lebens hatte der 33-jährige Tscheche eine Medaille zum Greifen nah, er verbremste aber seinen Slalom und war darüber so sauer, dass er im Ziel einen Skistock wütend wegschleuderte. Allerdings nicht wie geplant gegen die Bande – sondern darüber hinweg ins Areal der Athleten und Betreuer, was ihm dann extrem peinlich war. Zumindest hier hatte der Siebente Glück: Es wurde niemand verletzt.

Und seinen Stock hat er auch wiederbekommen.

Herren, Super-Kombination:

Gold: Sandro Viletta (SUI)
Silber: Ivica Kostelic (CRO)
Bronze: Christof Innerhofer (ITA)

Medaillenspiegel

Endstand
1. Sandro Viletta SUI 2:45,20
2. Ivica Kostelic CRO 2:45,54
3. Christof Innerhofer ITA 2:45,67
4. Kjetil Jansrud NOR 2:46,26
5. Adam Zampa SVK 2:46,34
6. Bode Miller USA 2:46,60
7. Ondrej Bank CZE 2:46,84
8. Aksel Lund Svindal NOR 2:46,88
. Carlo Janka SUI 2:46,88
10. Natko Zrncic-Dim CRO 2:47,06
11. Jared Goldberg USA 2:47,29
12. Ted Ligety USA 2:47,39
13. Matthias Mayer AUT 2:47,46
14. Romed Baumann AUT 2:47,59
15. Beat Feuz SUI 2:47,75
16. Martin Vrablik CZE 2:47,92
17. Adrien Theaux FRA 2:48,66
18. Dominik Paris ITA 2:49,45
19. Morgan Pridy CAN 2:50,03
20. Otmar Striedinger AUT 2:50,46
21. Klemen Kosi SLO 2:50,63
22. Paul de la Cuesta ESP 2:52,06
23. Alexander Choroschilow RUS 2:58,46

Stand nach der Abfahrt

Superkombi-Abfahrt
1. Kjetil Jansrud NOR 1:53,24
2. Ondrej Bank CZE 1:53,38
3. Matthias Mayer AUT 1:53,61
4. Aleksander Aamodt Kilde NOR 1:53,85
5. Max Franz AUT 1:53,93
6. Aksel Lund Svindal NOR 1:53,94
7. Ivica Kostelic CRO 1:54,17
8. Christof Innerhofer ITA 1:54,30
9. Carlo Janka SUI 1:54,42
10. Dominik Paris ITA 1:54,46
. Beat Feuz SUI 1:54,46
12. Bode Miller USA 1:54,67
13. Mauro Caviezel SUI 1:54,75
14. Sandro Viletta SUI 1:54,88
15. Jared Goldberg USA 1:54,90
16. Peter Fill ITA 1:54,98
17. Adrien Theaux FRA 1:55,00
18. Ted Ligety USA 1:55,17
19. Natko Zrncic-Dim CRO 1:55,26
20. Andrew Weibrecht USA 1:55,33
21. Romed Baumann AUT 1:55,36
22. Otmar Striedinger AUT 1:55,48
23. Alexis Pinturault FRA 1:55,68
24. Alexander Choroschilow RUS 1:56,03
25. Morgan Pridy CAN 1:56,21
26. Paul de la Cuesta ESP 1:56,22
27. Thomas Mermillod Blondin FRA 1:56,23
. Adam Zampa SVK 1:56,23
29. Martin Vrablik CZE 1:56,36
30. Klemen Kosi SLO 1:56,41

Kurz nach dem Erfolg von Dario Cologna im Zehn-Kilometer-Langlauf auf der anderen Talseite feierte Sandro Viletta in Rosa Chutor einen nur auf den ersten Blick überraschenden Sieg: In der Superkombination von Kitzbühel war der 28-Jährige Siebenter, in jener von Wengen Vierter, und nach einer ansehnlichen Abfahrt erreichte er die zweitbeste Slalomzeit hinter dem famos fahrenden Slowaken Adam Zampa.

Damit haben die Eidgenossen nun schon den fünften Olympiasieg, zuvor waren ja schon Dominique Gisin in der Damen-Abfahrt, Snowboarder Youri Podlatchikov in der Halfpipe und abermals Dario Cologna im Skiathlon erfolgreich gewesen. Nun also Sandro Viletta aus dem 759-Einwohner-Dorf La Punt-Chamues-ch im Engadin: "Meine Abfahrt war vor allem oben sehr gut, im Mittelteil hatte ich einen Fehler und habe Zeit verloren. Ich wusste, die Slalomspezialisten sind nur wenig hinter mir, und ich wusste, ich würde alles riskieren müssen – und das ist mir gelungen."

Die Patienten

Ivica Kostelic war zunächst ratlos. Der seit Jahren von Knieproblemen geplagte Kroate hatte auf Gold gehofft, "Sandro hatte leider einen sehr inspirierenden Tag." Doch mit etwas Abstand war der 34-Jährige "sehr glücklich mit Silber, es ist ja schon die zehnte Olympiamedaille für unsere Familie: Janica hat sechs, ich habe jetzt vier. Es ist großartig für uns."

Für eine aus Christof Innerhofers Sicht sensationelle Sensation sorgte Christof Innerhofer mit Bronze: "Ich hätte nicht gedacht, dass ich eine Chance haben würde, aufs Podium zu steigen", viel zu gering erschien dem Südtiroler nach der Abfahrt sein Vorsprung auf die Torlauf-Spezialisten. "Keine Ahnung, wie ich diesen Slalom so gut heruntergebracht hab’. Es ist verrückt, dass ich es doch geschafft habe." Verrückt ist es zudem, wenn man berücksichtigt, dass sich der Sympathikus seit zwei Jahren mit massiven Rückenproblemen herumschlägt und fast mehr Zeit bei seinem Therapeuten in Bayern verbringt als mit Sport. "Gesundheitlich ist es sehr mühsam bei mir. Ich habe kein normales Sportlerleben mehr. So, wie’s mir heute geht, weiß ich nicht, ob ich das noch ein Jahr schaffe, zwei Jahre oder sechs Jahre."

Sandro Viletta (SUI/Gold-Medaillengewinner): "Ich habe mir keine Gedanken gemacht, wollte einfach nur voll angreifen. Ich bin selber ein bisschen erstaunt, dass es im Slalom so gut gelaufen ist, obwohl ich am Anfang meiner Karriere ein Slalomspezialist war. Ich habe gewusst, dass mir dieser Schnee liegt. Es ist aber eine große Überraschung auch für mich, es ist unglaublich."

Ivica Kostelic (CRO/Silber-Medaillengewinner): "Ich habe eine schlechte Saison hinter mir, bin hierhergekommen und habe nicht gewusst, was ich erwarten kann. Die Medaille ist deshalb sehr schön und hat großes Gewicht. Es war nicht leicht für mich, ich habe nach der Abfahrt den Wunsch für Gold gehabt, aber Silber ist sehr gut, ich bin stolz. Es ist unsere zehnte Olympiamedaille (Anm.: gemeinsam mit Schwester Janica Kostelic, die sechs geholt hat), dass haben nicht viele Familien geschafft, darauf bin ich am meisten stolz."

Christof Innerhofer (ITA/Bronze-Medaillengewinner): "Es ist ein Wahnsinn. Ich habe überlegt, ob ich den Slalom überhaupt noch fahren soll, weil so viele gute Slalomfahrer am Start waren. Ich habe mir dann gesagt, ich fahre halt noch, dann kann ich mir nichts vorwerfen. Ich habe mir gedacht, ich kriege ein paar Sekunden, bin am Start gestanden wie bei einem Skiclub-Rennen. Im Ziel habe ich dann geglaubt, ich spinn'. Ich habe in den vergangenen zwei Jahren nur vier Tore Slalom trainiert. Dass es so läuft, hätte ich mir nicht einmal getraut zu träumen. Ich bin überglücklich. Meine Rückenprobleme sind nach wie vor sehr besorgniserregend, deshalb habe ich ja auch überlegt, ob ich den Slalom überhaupt noch fahren soll."

Matthias Mayer (AUT/13. Platz): "Ich habe mich runtergekämpft, alles gegeben, es hat schon gepasst. Für mich war es sehr schwierig. Überrascht hat mich Christof Innerhofer, das hätte ich mir nicht gedacht, dass er den Slalom so gut schafft. Für den Super-G werde ich nicht mehr groß trainieren, morgen ist noch das Hangbefahren, das werde ich noch mitnehmen, sonst werde ich einfach schauen, dass ich am Sonntag fit bin."

Romed Baumann (AUT/14.): "Nachdem ich in der Abfahrt 2,12 Sekunden verloren habe, wusste ich, dass sich eine Medaille nicht mehr ausgeht. Der Slalom war okay, so eine Leistung habe ich mich vorgenommen, ich bin ohne gröberen Fehler durchgekommen. Ich hätte mir heute mehr gewünscht, aber ich bin nicht als Favorit hierher gereist."

Max Franz (AUT/ausgeschieden im Slalom): "Es war akrobatisch eine gute Einlage. Es war brutal schwierig, bei so einem Lauf muss man viel trainieren, damit man da ein bisschen mitreden kann. Ich bin nicht reingekommen ins Fahren, es war nur eine Qual, Spaß hat es trotzdem gemacht."