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Gute Seelen im Gemeindebau

Beatrix und Erwin Mikes sind so was wie "die guten Seelen" der Ankerbrot-Siedlung. Seit 30 Jahren wohnen die beiden im 778 Wohnungen umfassenden Gemeindebau am Fuße des Laaer Bergs. In ihrer Freizeit bemühen sie sich als Mieterbeiräte um das Allgemeinwohl – etwa durch groß angelegte Aufräumaktionen, Gartengestaltung, Schachpartien, Lernbegleitung für die Schüler in der Anlage oder gemeinsames Kochen. Unterstützt werden die umtriebigen Mietervertreter von den Wohnpartnern der Stadt Wien.

Diese stellen zum Beispiel die Greifzangen, Arbeitshandschuhe und Müllsäcke zur Verfügung, wenn es wieder einmal heißt: "Anker räumt". Dann helfen in der Siedlung Dutzende Mieter zusammen, um die Innenhöfe von Altpapier, Getränkedosen und Zigarettenstummeln zu befreien. Besonders bei den Kindern ist die Aktion beliebt. "Dabei geht es in erster Linie um Bewusstseinsbildung: Es geht darum, die Wertschätzung gegenüber der eigenen Anlage zu steigern", erläutert Martina Petrits von den Wohnpartnern.

Zu einem Erfolgsmodell haben sich auch die Gemüse- und Blumenbeete entwickelt, die auf Initiative des Mieterbeirats von den Bewohnern gemeinsam bepflanzt werden. Oder die nachbarschaftlichen Schachpartien, die sich das Ehepaar Mikes hat einfallen lassen. Mit Aktionen wie diesen schaffen sie soziale Treffpunkte im Gemeindebau.

Lernen mit Nachbarn

Beatrix (54) und Erwin Mikes (62) – beide im Vorruhestand – ließen sich darüber hinaus von Volkshochschule und Wohnpartnern zu Lernbegleitern ausbilden. Als solche helfen sie 6- bis 15-jährigen Schülern aus der Nachbarschaft bei den Hausübungen sowie beim Lernen – kostenlos, versteht sich.

Wissen vermittelt wird aber auch im Rahmen der Aktion "Deutsch für gute Nachbarschaft". In ungezwungener Atmosphäre können Frauen mit Migrationshintergrund hier ihre Sprachkenntnisse verfeinern. Beim Plaudern, lesen und zuhören mit Nachbarinnen, die gut Deutsch sprechen, verbessern sie ihre Alltagskonversation. Dieses Angebot ist ebenfalls gratis.

Einen kleinen Unkostenbeitrag von drei Euro bezahlen die Teilnehmerinnen dagegen bei der Rückengymnastik, die jeden Mittwochvormittag im Hobbyraum auf Stiege 35 stattfindet.

Für das Favoritner Kunst- und Kulturfest, das am 26. und 27. September neben anderen Orten im Bezirk die Ankerbrot-Siedlung bespielt, suchen das Ehepaar Mikes und die anderen Mieterbeiräte noch Ideen. Und wenn bei all den Aktivitäten noch Zeit bleibt, ist man auch noch in anderen Gemeindebauten aktiv. Etwa mit nachbarschaftlichen Koch-Events in der Per-Albin-Hansson-Siedlung. Und warum das alles? "Weil’s uns Spaß macht", sagt Mikes.