Zeitpunkt von König Charles' Thronbesteigung "riesige Ironie"
Andere sind in dem Alter schon längst im Ruhestand. Doch für König Charles, der am 14. November seinen 74. Geburtstag feiert, hat das Berufsleben erst richtig angefangen. Seit gut zwei Monaten ist er auf dem britischen Thron, nachdem er die Nachfolge seiner am 8. September verstorbenen Mutter Elizabeth II angetreten hat.
König Charles überzeugte
Der späte Start ins Leben eines Monarchen hätte für ihn kaum besser laufen können, glaubt der Verfassungsrechtler Craig Prescott, der in dem walisischen Städtchen Bangor an der Universität lehrt. "Es gab echte Befürchtungen, dass nach dem Tod der Queen die Unterstützung für die Monarchie wegbrechen könnte", sagt Prescott der Deutschen Presse-Agentur und fügt hinzu: "Es scheint mir, dass wir davon weit entfernt sind". Charles habe die Menschen mit seiner Präsenz und seinem Pflichtgefühl während der Trauerfeierlichkeiten beeindruckt.
Catherine Mayer, die britisch-amerikanische Autorin der zum Geburtstag neu aufgelegten Biografie "Charles III - mit dem Herzen eines Königs", glaubt, dass Charles teilweise sogar mit den für ihn "typischen" emotionalen Ausbrüchen Sympathien gewonnen haben könnte - beispielsweise, als er vor einer laufenden Kamera über einen auslaufenden Tintenfüller fluchte. Das habe ihn für manche zwar arrogant - für andere aber menschlicher erscheinen lassen.
Insgesamt bezeichnet sie den Start seiner Regentschaft wegen der Spannungen mit der Regierung aber als "schwierig". Mayer hat die Persönlichkeit des Royals in ihrer Biografie unter die Lupe genommen. Herausgekommen ist das Porträt eines Mannes, der den unzähmbaren Willen habe, für mehr als nur die Gnade seiner hohen Geburt Beachtung zu finden. Nämlich als Denker und Umweltschützer, der ein ganzheitliches Konzept für die Probleme der Menschheit entworfen habe - und sich oft gänzlich unverstanden fühle.
Thronbesteigung in ungünstigem Moment
Es sei eine "riesige Ironie" gewesen, dass Charles ausgerechnet zu einem Zeitpunkt auf den Thron kam, als er mit seinem Engagement für das Klima im Widerspruch zur Regierung stand, erläutert Mayer. "Wäre er ein paar Jahre oder auch nur sechs Monate früher König geworden, wäre er mit der Regierung im Einklang gewesen zum Thema Umwelt", sagt die Schriftstellerin und Journalistin im dpa-Gespräch.
Die Spannungen erreichten ihren Höhepunkt, als der Palast verkündete, der König werde in Absprache mit der Regierung nicht zur UNO-Klimakonferenz in Ägypten fahren. Die damalige Premierministerin Liz Truss hatte der Klimapolitik ihrer Vorgänger den Rücken gekehrt und versprach, großzügig neue Lizenzen zur Öl- und Gasförderung zu verteilen. Für Charles, der sich schon seit Langem für den Kampf gegen die Erderwärmung einsetzt, war das eine öffentliche Demütigung.
Charles revanchierte sich später - absichtlich oder nicht -, als er Truss bei der wöchentlichen Audienz vor laufender Kamera mit den Worten empfing: "Back again - dear oh dear" ("Wieder da. Oh je, oh je.") Doch eine weitere Zuspitzung des Konflikts blieb dem König erspart - Truss musste kurze Zeit später unter dem Druck ihrer eigenen Fraktion zurücktreten.
Die Spannungen waren heikel - schließlich wurde eine mögliche Einmischung Charles' in die Politik schon immer als größte Gefahr für seine Regentschaft angesehen. Das dürfte nun vorerst entschärft sein, denn der Truss-Nachfolger Rishi Sunak kehrte inzwischen wieder zum Kurs seines Vorvorgängers Boris Johnson zurück. Sunak entschied sich nach anfänglichem Zögern, selbst nach Ägypten zu fahren und rief erneut das Ziel aus, Großbritannien zur "Supermacht der grünen Energie" zu machen. Doch in anderen Bereichen drohen weitere Divergenzen: Beispielsweise beim erbarmungslosen Kurs der Regierung im Umgang mit Migranten, den Charles anscheinend mit Sorge betrachtet.
Doch die politisch turbulente Anfangszeit hatte auch eine positive Seite für den neuen König: In den Augen des Verfassungsexperten Prescott kam Charles zugute, dass die Regierung in seinen ersten Monaten als Monarch im Chaos versank. Er konnte dadurch ohne großes Zutun als Anker der Stabilität erscheinen, wie es seine Mutter so erfolgreich über viele Jahrzehnte getan hatte.