Monarchie: König Charles könnte bereits in den Startlöchern stehen
70 Jahre ist Königin Elizabeth II. nun schon auf dem Thron und damit die am längsten regierende britische Monarchin überhaupt. Zuletzt häuften sich allerdings Mutmaßungen um ihren Gesundheitszustand. Immer wieder musste sie - mitunter überraschend - Termine absagen. Worüber hingegen kaum spekuliert wird, ist ein potenzieller Rücktritt Elizabeths. "Im Vereinigten Königreich haben wir keine ehrenvolle Tradition der Abdankung", sagte der Verfassungsexperte Robert Hazell vor dem großen Thronjubiläum der Queen im Juni. "Das ist ein Grund, warum ich denke, dass die Queen nie in Betracht ziehen würde abzudanken: wegen des furchtbaren Beispiels ihres Onkels Edward VIII." Hazell erwartet, dass die 96-jährige Königin zunehmend auf öffentliche Auftritte verzichten, ihre Aufgaben als Staatsoberhaupt, vor allem jene abseits der Öffentlichkeit, aber weiter ausführen wird.
Edward VIII. sei 1936 "faktisch gezwungen gewesen abzudanken, weil er eine Amerikanerin - Wallis Simpson - heiraten wollte, die zweifach geschieden war, und zu der Zeit war das für die Gesellschaft und die Regierung inakzeptabel", ruft der Rechtsprofessor vom University College London und Herausgeber des Buches "The Role of Monarchy in Modern Democracy" im APA-Gespräch in Erinnerung. "Und ich glaube, in den Augen der königlichen Familie war das Verhalten Edwards VIII. egoistisch." Elizabeth II. habe als Monarchin stets "ungemein gewissenhaft" all ihre Pflichten erfüllt. Im Laufe der vergangenen Jahre sei die Königin schrittweise bei immer weniger öffentlichen Anlässen zu sehen gewesen und unternehme auch keine Fernreisen mehr.
Was, wenn Queen zu krank wird?
Eigene gesetzliche Bestimmungen - die sogenannten Regency Acts - regeln, was zu tun ist, falls die Queen aus gesundheitlichen Gründen irgendwann nicht mehr in der Lage sein sollte, ihren königlichen Verpflichtungen nachzukommen. "Dann wird ein Regent eingesetzt, der an ihrer Stelle regiert. Und dieser Regent wäre Prinz Charles als Thronfolger." So etwas sei in der britischen Geschichte auch schon vorgekommen - zuletzt im Jahr 1811.
Fakt ist, die König zieht sich aktuell immer mehr zurück. Zuletzt wurde etwa bekannt, dass sie die berühmten Highland-Games im schottischen Braemar in diesem Jahr verpasst. Hintergrund sind Mobilitätsprobleme. Charles soll Medienberichten zufolge bei der Veranstaltung am Samstag dabei sein.
Mobilitätsprobleme
Die Queen nimmt bei dem sportlichen Wettbewerb, zu dem auch der Baumstammweitwurf im Kilt gehört, normalerweise auf der Ehrentribüne Platz. Der Event gehört zum Standardprogramm ihres Schottland-Aufenthalts im Sommer, wenn sie traditionell von Ende Juli bis Mitte September auf Schloss Balmoral in den Highlands in der Sommerfrische weilt.
Beschwerden beim Gehen sind auch der Grund, warum die Queen den anstehenden Wechsel an der Regierungsspitze in der kommenden Woche von Balmoral aus begleiten wird. Sowohl der scheidende Premier Boris Johnson als auch seine Nachfolgerin oder sein Nachfolger sollen Anfang kommender Woche dafür für nach Schottland reisen. Dass die Audienz nicht im Londoner Buckingham-Palast stattfinden wird, ist äußerst ungewöhnlich.
Wenn die Königin so alt werde wie ihre Mutter, die 101-jährig verstarb, wird Charles fast 80 sein, wenn er König wird. Angesicht der aktuellen Sorgen um die Gesundheit der Queen dürfte er aber bereits in "Bereitschaft" sein. Charles ist der am längsten wartende Thronfolger - "heir apparent" - der Geschichte. Gröbere gesundheitliche Probleme seine Mutter sind aber glücklicherweise nicht bekannt. Doch angesichts von Palast-Mitteilungen über notwendige Erholungspausen sowie Fotos von Auftritten am Gehstock bemerken die Britinnen und Briten, von denen ein Gutteil keinen anderen Monarchen kennt, dass ihre Königin alt ist. Charles' Stunde rückt näher.