König aller Religionen: Charles setzte zu Weihnachten eigene Akzente
Wenige Monate nach dem Tod von Queen Elizabeth II hat ihr Sohn Charles in seiner ersten Weihnachtsansprache als König deutliche eigene Akzente gesetzt. Mit klaren Worten wandte er sich als Oberhaupt der Church of England an das britische Volk - "unabhängig davon, welchen Glauben Sie haben oder ob Sie überhaupt gläubig sind".
König Charles III und seine Frau Camilla (75) feierten nach zweijähriger Pandemie-Pause gemeinsam mit Kindern und Enkeln auf dem royalen Landsitz im ostenglischen Sandringham - gleichzeitig war es das erste Weihnachten ohne die Queen. Zahlreiche Schaulustige warteten am ersten Weihnachtstag am Wegesrand, um einen Blick auf die Royals beim traditionellen Gottesdienstbesuch zu erhaschen.
Mit Charles (74) an der Spitze zeigte sich die Familie nahe ihrer Residenz. Bei recht milden Temperaturen trug Prinz Louis (4), der jüngste Sohn von Thronfolger Prinz William und Prinzessin Kate, kurze Hosen und wurde zum Liebling der Kameras.
Unter den Besuchern waren auch beide Brüder von Charles, also auch der in einen Skandal um sexuellen Missbrauch verwickelte Prinz Andrew. Er erschien mit seinen Töchtern, den Prinzessinnen Beatrice und Eugenie, und deren Ehemännern. Wie die Zeitung Sun jüngst berichtete, hat Andrew in der Royal Family einen zunehmend schwierigen Stand. Charles habe den 62-Jährigen aus dem Buckingham-Palast geworfen, schrieb das Blatt. Andrew dürfe dort kein Büro mehr nutzen und dürfe das Stadtschloss auch nicht mehr als Korrespondenzadresse nutzen. "Jegliche Anwesenheit im Palast ist offiziell beendet", zitierte die Zeitung eine Quelle.
Anders als bei den meisten Britinnen und Briten gab es bei den Royals am Christtag in der Früh keine Geschenke. Die Bescherung fand traditionell bereits am Heiligen Abend statt - das liegt an den deutschen Wurzeln der Familie. Neben dem Gottesdienstbesuch stand an den Feiertagen ein Festschmaus und Charles' erste Ansprache auf dem Programm.
Charles positionierte sich in erster Weihnachtsansprache
Ins Zentrum seiner ersten Botschaft stellte er die systemrelevanten Arbeitskräfte, die gerade in Krisenzeiten "selbstlosen Einsatz" für die Gesellschaft leisteten. Explizit dankte der Monarch Mitarbeitern im Gesundheits- und Sozialwesen sowie Lehrern und allen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst. Gerade in diesen Branchen herrscht aktuell Unmut über niedrige Lohnerhöhungen, es kommt immer wieder zu Streiks. Kommentatoren werteten Charles' Fokus als an der Grenze zu einem politischen Kommentar, da sich die zahlreichen Tarifkonflikte zum Zankapfel im Londoner Regierungsviertel entwickelt haben.
Anders als seine Mutter, die sich zuletzt sitzend von einem festlich dekorierten Tisch aus an ihr Volk wandte, sprach Charles im Stehen aus der St. Georgs-Kapelle in Windsor, wo die Queen begraben liegt. Queen Elizabeth II hatte sich 1957 als erste Monarchin zu Weihnachten übers Fernsehen an die Bevölkerung gewandt. Es war nun das erste Mal, dass ein König die TV-Weihnachtsansprache hielt. Rund 8,1 Millionen Zuschauer verfolgten der BBC zufolge am ersten Weihnachtstag die Ausstrahlung von Charles' Ansprache, mehr als jede andere Feiertagssendung.
Gedenken an die Queen
Er teile mit seiner "geliebten Mutter" den Glauben an Menschen, die das Leben anderer mit Güte und Mitgefühl berühren könnten, sagte der 74-Jährige zu Bildern der im September gestorbenen Queen. Dies sei "die Essenz unserer Gemeinschaft und das Fundament unserer Gesellschaft".
Zuvor hatte bereits seine Schwiegertochter Kate der Königin ein Weihnachtssingen in der Londoner Westminster Abbey gewidmet, das sie organisiert hatte und das am Heiligen Abend im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Dabei würdigte sie das "unglaubliche Vermächtnis" der Queen, das "viele von uns zutiefst inspiriert" habe. Kates und Williams Kinder Prinz George (9) und Prinzessin Charlotte (7) sangen laut mit.
Britische Medien betonten vor allem das demonstrativ gemeinsame Auftreten der Royals. Damit hätten sie ein Zeichen der Geschlossenheit gegen die Vorwürfe von Williams jüngerem Bruder Harry und dessen Ehefrau Herzogin Meghan in der mehrteiligen Netflix-Doku "Harry and Meghan" gesetzt.
Die Fronten zwischen Harry und Meghan, die mit ihren Kindern Archie und Lilibet in Kalifornien leben, und der Familie in England gelten als verhärtet. Wiederholt hat das Paar dem Palast mangelnde Unterstützung und sogar Rassismus vorgeworfen. In seiner ersten Ansprache als König hatte Charles zwar seine Liebe zu den beiden bekundet. Doch angesichts der Netflix-Serie und der für 10. Jänner geplanten Veröffentlichung von Harrys Autobiografie habe die Entfremdung zugenommen, hieß es in London. Eine Einladung, Weihnachten gemeinsam in England zu feiern, habe Harry abgelehnt.