Der Fluch der Grimaldis
Von Georg Markus
Jacques heißt er also, der künftige Fürst von Monaco, der diese Woche nebst Zwillingsschwester Gabriella das Licht der Welt erblickte. Das Ereignis gibt Anlass, sich mit dem Zwergstaat zu befassen, der so klein ist wie der Wiener Bezirk Margareten, weshalb es verwundern mag, dass das Fleckchen Erde immer wieder die Aufmerksamkeit der Medien in aller Welt auf sich zieht. Der Grund dafür ist wohl, dass es die Grimaldis verstanden haben, ihr Land in ein Paradies für reich und schön zu verwandeln.
Beginn als Raubritter
Die Heirat war – auch wenn die Liebe mitgespielt hat – von großer wirtschaftlicher Bedeutung für den seit dem Jahr 1275 von den Grimaldis regierten Kleinstaat. Die Anfänge waren nicht so fein wie sich das Adelsgeschlecht heute gibt, hatten die ursprünglich aus Genua stammenden Familiengründer ihre Karriere doch als simple Raubritter begonnen.
Ein armer Fürst
Grace Kelly: Mehr Schein als Sein
Rainier war wirklich alles andere als eine gute Partie, denn sein Fürstentum stand am Rande des Ruins, der Zwergstaat hatte seine Blütezeit bereits hinter sich. Die goldenen Jahre hatten unter Rainiers Urgroßvater Carlo III. begonnen, der 1863 die monegassische Casino-Gesellschaft gründete und damit dem Land zu enormem Reichtum verhalf. Monte Carlo wurde zum Spielerparadies und zum elegantesten Seebad an der Côte d'Azur: Die Oberen Zehntausend logierten im Hôtel de Paris, feierten im feudalen Sporting Club und ließen ihr Geld am Roulettetisch. Diskret verschwiegen wurden die bis zu 200 Spieler, die sich Jahr für Jahr in Monaco das Leben nahmen, weil sie in einer Nacht ihr Vermögen verloren hatten.
Flaute nach dem Krieg
Nicht nur die Familie Kelly hätte die Hochzeit anfangs am liebsten platzen lassen, sondern auch Fürst Rainier selbst. Der war nämlich überzeugt davon, dass Grace – wie es sich für eine katholische Landesmutter geziemt – jungfräulich in die Ehe gehen würde. Bis ihre Mutter kurz vor der Trauung im Los Angeles Herald ein Interview gab, dem zu entnehmen war, dass ihr Töchterchen bereits mit Cary Grant, Clark Gable, Bing Crosby, Gary Cooper, William Holden und anderen Hollywood-Größen liiert gewesen war.
Sechsjährige Romanze
Da dieser negativ ausfiel, war klar, dass Gisèle dem Fürsten keine Erben schenken konnte, womit die fast 700-jährige Herrschaft der Grimaldis zu Ende gegangen und das Fürstentum als Protektorat an Frankreich gefallen wäre.
Übrigens hat Gisèle Pascal später einen anderen Mann geheiratet – und mit ihm ein Kind bekommen. Bei Grace fiel der Test positiv aus, womit der "Hochzeit des Jahrhunderts" (so die Medien damals) wenigstens diesbezüglich nichts im Wege stand.
Palast mit 220 Zimmern
Langsam erkannten die Brauteltern, dass ihr Schwiegersohn doch kein "dahergelaufener Fürst" war. Ihre Unterbringung im 220-Zimmer-Palast der Grimaldis imponierte ihnen ebenso wie die Tatsache, dass Grace nach der Heirat als "Ihre Durchlaucht" angesprochen und über 142 Adelstitel verfügen würde. Rund 30 Millionen Menschen verfolgten die Trauung weltweit im Fernsehen.
Gracia Patricia kam ihren wichtigsten Pflichten nach, sie verhalf dem abgewirtschafteten Spieler- und Steuerparadies zu weltweiter Publicity, zum Thronfolger Albert und dazu noch zu den Prinzessinnen Caroline und Stéphanie.
Caroline & Stéphanie im Liebespech
Die ersten Bilder von Charlene & Alberts Zwillingen
Gracia Patricias Tod
Die wahre Katastrophe traf die Familie aber im September 1982 mit dem Unfalltod Gracia Patricias. Damals fiel den Monegassen der fast vergessene, auf dem Adelsgeschlecht lastende "Fluch der Grimaldis" wieder ein: Der Legende nach hätte Urahn Rainier I. seiner schönen Frau Gewalt angetan, worauf diese die Familie bis in alle Ewigkeit verfluchte. Kein Grimaldi, prophezeite sie, würde je sein Glück in der Ehe finden.
Wir glauben heutzutage nicht mehr an Flüche aus finsteren Zeiten, müssen aber feststellen, dass es mit dem Liebesglück des Geschlechts wahrlich nicht weit her ist. Wünschen wir Jacques und Gabriella, dem jüngsten Zwillingspaar im schönen Monaco, dass ihnen ein segensreicheres Leben beschieden ist.