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Luke Mockridge startete nach heftiger Kritik Tour in Wien

Der deutsche Comedian Luke Mockridge hat sein neues Solo-Programm in Wien mit einer trotzigen Entschuldigung aus der Taufe gehoben. Zu Beginn des ersten Tournee-Auftritts in der Simm-City distanzierte er sich von seinen Sprüchen über Sportler und Sportlerinnen mit Behinderung, die ihm massive Kritik und Absagen eingebracht hatten. Gleichzeitig beklagte er, dass er Drohungen erhalten habe und eine Entschuldigung offenbar "nichts mehr wert" sei.

"Krass, dass wir ausverkauft sind, obwohl klipp und klar geschrieben steht, dass ich der schlimmste Mensch der Welt bin", sagte der 35-jährige vor rund 500 Menschen. Die Show ging mit viel Applaus und ohne Proteste über die Bühne.

Premiere abgesagt

Die Tour mit dem Titel "Funny Times" hätte eigentlich schon einige Tage vorher im ostwestfälischen Bünde starten sollen. Doch die Premiere und der nächste Auftritt in Paderborn wurden abgesagt. 

Der Grund: Gegen Ende der Paralympischen Spiele in Paris waren Video-Ausschnitte aus einem Podcast bekanntgeworden, in denen sich Mockridge und die zwei Podcast-Gastgeber über behinderte Sportler und Sportlerinnen lustig gemacht hatten. 

Sie rissen Sprüche, die von Para-Athleten und -Athletinnen und vielen anderen Menschen als herabwürdigend und ableistisch kritisiert wurden.  

Das Trio fantasierte etwa lachend über die Entstehung des Sportwettbewerbs. "Der Erste, der ein anderes Land angerufen hat und gesagt hat: 'Ey, du kennst doch die Olympischen Spiele? Ich habe eine ähnliche Idee. Ihr habt doch auch Behinderte in eurem Land, oder? Sollen wir mal gucken, wer schnellere hat? Sollen wir die mal in so einem Wettrennen gegeneinander...? Es gibt Menschen ohne Arme und Beine, die wirft man ins Becken - wer als letzter ertrinkt, hat halt gewonnen", sagt Mockridge darin. Mittlerweile wurde das Video gelöscht

"Wenn deine Comedy als einziges Merkmal hat, dass sie diskriminierend ist, dann ist sie vielleicht nicht die allerbeste. Ich könnte so viel mehr zu diesen Clips sagen, aber mir fehlen einfach nur die Worte", schrieb die Aktivistin Katrin Aimee auf Instagram. 

Man sehe an diesem Beispiel, dass Cancel Culture nicht existiere. Die Autorin und Beraterin für Inklusion, Gerechtigkeit und Diversität Laura Gehlhaar kommentierte in einer zeitlich begrenzt abrufbaren Instagram-Story: "Behinderte Menschen müssen immerzu als Projektionsfläche für Witze, Mobbing und Hass herhalten. Dass das weiterhin ungestraft passieren darf, zeigen solche Inhalte und Kommentare in diesem Video." 

Aussagen wie diese würden Ableismus und bestehende Machtgefälle verfestigen, meinen andere. "Ihr reproduziert hier menschenverachtende, diskriminierende Aussagen unter dem Deckmantel von 'Comedy' und jede Person, die das hier feiert und unterstützt, ist, genauso wie ihr, Teil des Problems", so die Autorin und Beraterin Luisa L'Audace das Video.

Der Verein ZARA - Zivilcourage und Antirassismusarbeit beschreibt Ableismus (auch: Behindertenfeindlichkeit) als "Herabwürdigung eines Menschen aufgrund einer Beeinträchtigung und Reduzierung einer Person auf seine*ihre Beeinträchtigung. Ableismus ist für Personen mit Behinderung das, was Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ethnischen und/oder religiösen Zugehörigkeit sowie Sprache durch den Rassismus widerfährt oder Frauen durch Sexismus erleben. Ableismus kann von Beschämung, Beschuldigung oder Beleidigung von Personen mit Behinderung bis hin zu Verharmlosung von Gewalt oder Gewalt gegen Personen mit Behinderung reichen". Anmerkung: "Menschen mit Beeinträchtigung" wird als Selbstbezeichnung oft abgelehnt. "Es heißt 'behinderte Menschen' oder 'Menschen mit Behinderung'", sagt die deutsche Autorin und Aktivistin Luisa L'Audace." Diese neutrale Selbstbezeichnung werde immer noch als Schimpfwort missbraucht, dagegen müsse man vorgehen.

"Nur manchmal ein Arschloch und sonst eigentlich nett"

Mockridge entschuldigte sich. Doch mehrere Tournee-Auftritte wurden abgesagt, und der TV-Sender Sat.1 nahm eine geplante neue Quiz-Show mit dem 35-Jährigen aus dem Programm. Mockridge verlor sein deutsches Management, und auch seine Agentur in Österreich teilte mit, dass sie nach dieser Tour nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten werde.

In der Premiere seines neuen Solo-Programms hielt sich Mockridge von potenziell heiklen Themen wie Behinderung, Hochwasser oder Krieg fern. Er erzählte Geschichten vom Sex seiner Eltern und seinem eigenen ersten Mal, und er begeisterte das Publikum mit Musik-Parodien am Klavier. Gegen Ende des Abends sprach er die Kontroverse doch noch einmal an.

"Der Deutsche Kulturbetrieb ist wie ein Raum mit ganz vielen Knöpfen, wo draufsteht: Nicht anfassen", meinte Mockridge. "Ich mag unkorrekte Witze", sagte er und ließ dann noch Sprüche wie "Tom Kaulitz ist der bestbezahlte Altenpfleger der Welt" vom Stapel.

Das Publikum in Wien brachte Mockridge Sympathie entgegen. "Ich bin nur manchmal ein Arschloch und sonst eigentlich ein netter Typ", sagte er zum Schluss. "Das wissen wir!", rief ein Fan im Saal.