Weltmeister, Freigeist, Unternehmer: Der Lord of the Board
Nur sehr wenige Athleten haben über die aktive Karriere hinaus ihr Lebensmotto zum Geschäftsmodell gemacht. „Genieße das Fahren, bleibe frei“ lautet die Markenbotschaft von Ex-Snowboardweltmeister Siegfried Grabner, der auch fünf Jahre nach seinem letzten von insgesamt 142 Weltcuprennen gut damit fährt.
Der mittlerweile 43 Jahre alte Kärntner befindet sich gerade nach Park City in den USA, wo seit Freitag die Snowboard- und Freestyle-WM stattfindet. Grabner ist vor Ort - als Fan, Berater, Unternehmer.
Noch während seiner aktiven Laufbahn hat der zweifache Gesamtweltcupsieger begonnen, seine eigenen Boards zu entwickeln und zu bauen, in Turin 2006 carvte er auf einem Board der Eigenmarke zu Olympia-Bronze.
Es war in einer Zeit, in der es auf den Skipisten dieser Welt nichts Cooleres gab, als einspurig unterwegs zu sein. Die Zeiten sind vorbei. „Die Ski-Industrie hat die bunte Vielfalt übernommen, die ursprünglich im Snowboarden gelebt wurde, und erlebt dadurch ein Revival“, sagt auch Grabner. Im Alpenraum gehe das Snowboarden zurück. „Unsere Wachstumsmärkte sind Russland, die Ukraine, Kasachstan, Korea, Japan und natürlich China mit den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking.“
Rund 2000 Bretter stellt seine Firma jährlich her, produziert wird in Kärnten. Es sind High-End-Produkte, inklusive Bindung muss man rund 1000 Euro dafür hinlegen. Im Rennsport sind sie beliebt.
Frankreichs Cross-Olympiasieger fährt ebenso auf Grabner ab wie die tschechische Wintersport-Sensation Ester Ledecka, die Olympiasiegerin 2018 auf einem und auf zwei Brett(ern).
„Alpin-Snowboarden ist kein großer Markt, aber es ist ein stabiler Nischenmarkt. Klein, verlässlich, mit leichten Zunahmen seit Jahren“, erklärt Grabner.
Längst bestimmen auch in der einst rebellischen Snowboard-Szene Investoren das Tempo. Aus Pionieren wie dem Amerikaner Jake Burton, dem wahren Lord of the Board, sind Aufsichtsräte in Millionen-Konzernen geworden. „Ich bin zwar als Unternehmen recht klein geblieben, aber auch deshalb gehört meine Marke noch zu 100 Prozent mir selbst“, sagt Siegfried Grabner.
Bleibe frei. Ein bisschen Rebell steckt auch im Unternehmer Grabner. Bereits als Athlet war der in Andorra lebende Kärntner ein Unbequemer und Unbeugsamer. Mehrmals lag er im Clinch mit dem nationalen und internationalen Skiverband, die erst nach einigen Disputen die Snowboarder in ihre großen Familien aufnahmen.
Kritik am ÖSV
„Der alpine Skisport hat in Österreich eine ungeheure Kraft. Da werden zwangsläufig alle anderen Sparten an den Rand gedrückt“, betont Grabner. Jammern solle man aber dennoch nicht. „Verglichen mit anderen Ländern geht’s den österreichischen Boardern gut. Ich kenne Medaillengewinner aus anderen Nationen, die für so manche Ausgaben selbst aufkommen müssen. Jedoch müssen in Österreich die Relationen zwischen Ski- und Snowboard-Budget hinterfragt werden.“
Auch auf dem Berg stimmen die Relationen längst nicht mehr für Grabner: „Die Trainingslager im Herbst fehlen mir so gar nicht. Dort tummeln sich immer mehr Sportler auf immer kleiner werdenden Gletschern. Das ist keine gesunde Entwicklung.“