Sport/Wintersport

Vierschanzentournee: Es liegt was in der Luft

Von 2009 bis 2015 hatte Österreich sieben Mal in Folge den Tourneesieger gestellt. Wenn am Samstag in Oberstdorf mit der Qualifikation (16.30 Uhr/live ORFeins) die 67. Tournee beginnt, stehen andere Athleten im Fokus.

Kamil Stoch
Man kann nach dem polnischen Routinier die Uhr stellen: Kaum steht ein Großereignis an, läuft der 31-Jährige zur Hochform auf. Mag ja sein, dass Kamil Stoch in diesem Winter noch nicht gewonnen hat, mag ja stimmen, dass andere ihm bislang die Show gestohlen haben – aber Kamil Stoch wird auch heuer wieder der Mann sein, den es bei der Tournee zu schlagen gilt. Zudem lockt ein historischer Rekord: Der polnische Titelverteidiger kann der zweite Springer nach dem Norweger Bjørn Tore Wirkola (1967 bis 1969) sein, der drei Mal in Folge die Tournee für sich entscheidet.

Ryoyu Kobayashi
Der Japaner muss im Sommer in den Kessel mit Zaubertrank geplumpst sein, so stark, wie sich der 22-Jährige in dieser Saison präsentiert. Bis zum Beginn dieses Winters war Kobayashi zwei Mal im Weltcup in den Top Ten gelandet, nun ist der Mann aus Hachimantai vierfacher Saisonsieger. Er hat innerhalb weniger Wochen doppelt so viele Weltcuppunkte gesammelt wie zuvor in seiner ganzen Karriere. Wie dieser rasante Aufstieg geht? Die Experten schwärmen vor allem vom lehrbuchmäßigen Absprung des Asiaten. Bleibt freilich abzuwarten, ob Kobayashi seine Hochform über Weihnachten konserviert hat. Er wäre nicht der erste Springer in der langen Geschichte der Tournee, dem zwischen Engelberg und Oberstdorf seine Leichtigkeit abhanden gekommen ist.

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Piotr Zyla
Der 31-Jährige hat zwar in seiner Karriere erst ein Weltcupspringen gewonnen, und das ist auch schon wieder fünf Jahre her, aber dafür bringt dieser Piotr Zyla eine Qualität mit, die gerade bei einer Veranstaltung wie der Tournee gewinnbringend sein kann: Konstanz. Der Pole hat sich in diesem Winter noch keinen Ausrutscher geleistet und war in den sieben Bewerben nie schlechter als Sechster. Zuletzt stand Piotr Zyla sogar vier Mal in Folge auf dem Stockerl. Und dass man durchaus auch ohne Tagessieg am Ende der Tournee die Nase vorne haben kann, haben bereits acht Springer vorgezeigt, zuletzt der Finne Janne Ahonen 1998/’99.

Johan André Forfang
Der 23-Jährige hat einen Saisonsieg zu Buche stehen und führt das norwegische Team an, das wie die Österreicher noch viel Luft nach oben hat. Im Weltcup scheinen aktuell nur zwei Norweger in den Top 15 auf. Dass Forfang auch bei Großereignissen performen kann, zeigte er nicht zuletzt mit seiner Silbermedaille bei den Olympischen Spielen in PyeongChang.

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Karl Geiger
Der 25-Jährige startet in einer völlig neuen Rolle: Er ist nicht mehr wie in der Vergangenheit ein Mitläufer der deutschen Stars wie Andreas Wellinger oder Severin Freund, sondern seit seinem ersten Weltcupsieg in Engelberg der Hoffnungsträger auf das Ende der Negativserie: Seit Sven Hannawald (2001/’02) springen die Deutschen dem Tournee-Gesamtsieg hinterher. Nicht selten scheiterten sie dabei am großen Druck in der Heimat. Die gestiegene Erwartungshaltung wird Karl Geiger gleich beim Auftaktbewerb zu spüren bekommen – der 25-Jährige ist nämlich aus Oberstdorf.

Jewgeni Klimow
Mit seinem Sieg beim Saisonauftakt in Wisla hat der 24-Jährige Geschichte geschrieben: als erster Russe, der ein Weltcupspringen gewinnen konnte. Klimow hat durchaus das Zeug für Achtungserfolge oder sogar einen Tagessieg, aber ob er wirklich die Nerven und die Konstanz mitbringt, um von Oberstdorf bis Bischofshofen Bestleistungen zu bieten, erscheint fraglich.

Stefan Kraft
Der Respekt gebietet es, dass auch Österreicher in dieser Rubrik aufscheinen. Auch wenn wenig darauf hindeutet, dass ein Lokalmatador in Bischofshofen die Trophäe in die Höhe stemmen kann. Stefan Kraft weiß zumindest als einziger ÖSV-Springer, wie die Tournee zu gewinnen ist. Dieses Wissen allein wird für eine Wiederholung des Coups von 2014/’15 freilich zu wenig sein. Wie alle Österreicher braucht Kraft ein Skisprungwunder, um den Tourneegesamtsieg zu holen.

Daniel Huber
Der 25-Jährige ist ein echtes Unikat: Als einziger ÖSV-Springer stand der Salzburger in diesem Winter bereits auf dem Podest. Experten attestieren Huber hervorragende Anlagen, allein: Er ist nur selten in der Lage, sein Potenzial abzurufen. Nach dem dritten Platz in Engelberg schaffte Huber 24 Stunden später nicht einmal die Qualifikation für den Bewerb der Top 50.

Simon Ammann
Der Oldie geht in seine 21.Tournee, und man muss kein Prophet sein, um zu sagen, dass er sie auch diesmal nicht gewinnen wird. Dieser Titel ist die einzige Trophäe, die dem Schweizer noch fehlt, mehr als zwei zweite Plätze schauten für den vierfachen Olympiasieger nicht heraus. Was es benötigt, damit Ammann mit 37 doch noch ein Happy End erlebt? Die Gegner müssten wohl rückwärts über die Schanze springen.

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