Sport/Wintersport

Weltcup ist umkämpfter als je zuvor

Zweiter, Neunter, Fünfzehnter. Es ist noch gar nicht lange her, da wäre nach so einem Ergebnis im österreichischen Adlerhorst der Haussegen bereits schiefgehangen und Begriffe wie "Flaute", "Abwärtstrend" oder "Boden der Realität" hätten am Schanzentisch schnell die Runde gemacht.

Ende 2014 sorgt so ein Resultat wie in Klingenthal zum Saisonstart, bei dem nur drei österreichische Skispringer im Finale der besten 30 gelandet waren, bereits für einen Hauch von Erleichterung und Zufriedenheit. "Nach dem achten Platz im Teambewerb haben wir eine gute Reaktion gezeigt", lobte ÖSV-Direktor Ernst Vettori. "Wenn wir einen unter die ersten fünf bringen, dann ist das tadellos."

Ist hier jetzt wirklich von den rot-weiß-roten Superadlern die Rede, die im vergangenen Jahrzehnt alles in Grund und Boden gesprungen haben? Ist das tatsächlich jene Mannschaft, die auf den Schanzen jahrelang die Lufthoheit hatte und der die Trophäen, Titel und Triumphe nur so zugeflogen sind? "Es ist alles viel enger zusammengerückt. Das ist eine echte Herausforderung geworden, bei der du dir nicht mehr die geringste Schwäche erlauben darfst", sagt Vettori.

Leistungsdichte

Tatsächlich ist der Luftraum im Skispringen derzeit umkämpft, wie nie zuvor. In Klingenthal landeten beim Weltcupauftakt Springer aus sieben verschiedenen Nationen in den Top sieben. Im Teambewerb war die Leistungsdichte überhaupt so enorm, dass die Österreicher gerade noch so mit einem Zehntelpunkt Vorsprung auf Polen in das Finale der besten acht rutschten. "Es gibt acht Nationen mit Siegspringern", sagt Vettori vor dem Bewerb in Kuusamo (16.50 Uhr/live ORF eins).

Seriensiege wie sie einst Thomas Morgenstern (startete 2007/’08 mit sechs Siegen) oder Gregor Schlierenzauer (gewann 2008/’09 gar 13 Springen) feierten, scheinen Heldentaten aus vergangenen Zeiten zu sein. Schon in der Vorsaison registrierte FIS-Renndirektor Walter Hofer mit Genugtuung 14 verschiedene Sieger aus acht Nationen. "Da geht mir das Herz auf", sagt Hofer. "Dass jetzt eine größere Chancengleichheit herrscht, ist auch ein Systemergebnis."

Mit den Reformen und dem strengen Reglement beim Material (Anzüge, Skier) wurden Österreichern und anderen Topnationen die Flügel gestutzt. Da es immer weniger Schlupflöcher im Reglement gibt, hat sich auch das Wettrüsten beim Material aufgehört. "Topmaterial ist so für alle Nationen erschwinglich", sagt Hofer.

Entwicklungshelfer

Ein anderer Grund, weshalb die Österreicher nun wieder in normalen Sphären schweben, ist hausgemacht. Denn es sind durchwegs Trainer aus der ÖSV-Familie, die der Konkurrenz auf die Sprünge geholfen haben. Werner Schuster (Deutschland), Alexander Stöckl (Norwegen) und Richard Schallert (Tschechien) sind für die Höhenflüge verantwortlich – und für so manche Sorgenfalte bei den Österreichern. "Unser Know-how-Vorteil ist geringer geworden", gibt Vettori zu. "Das spricht für die Trainerkultur in unserem Land. Am Ende freut sich immer ein österreichischer Coach."