ÖSV-Adler startklar für neue Höhenflüge
Von Christoph Geiler
Souveräner Erfolg in der Nationenwertung. Sechster Triumph bei der Vierschanzentournee in Folge. Dazu eine Olympiamedaille in Silber und drei verschiedene Siegergesichter im Weltcup (Thomas Morgenstern, Gregor Schlierenzauer, Thomas Diethart) – so schlecht, wie sie in der Öffentlichkeit gerne wahrgenommen wurde, war die letzte Saison für die österreichischen Skispringer eigentlich gar nicht.
Doch richtig im Gedächtnis geblieben sind den meisten dann doch nur die negativen Ereignisse: Die schweren Stürze von Thomas Morgenstern und die teaminternen Querelen bei den Olympischen Spielen in Sotschi. Die Diskussionen um Trainer Alexander Pointner und natürlich auch das lange Gesicht von Gregor Schlierenzauer, weil der Superstar von einigen Konkurrenten überflügelt wurde und seinen großen und letzten persönlichen Erfolg (Olympiaeinzelgold) nicht landen konnte.
Logischer Schritt
Der Kärntner fand bei seiner Übernahme zwar keinen zerstrittenen Haufen vor, um den Teamspirit war es freilich auch nicht zum Besten bestellt. "Ich habe die ersten Wochen nur damit verbracht, mit allen im Team Gespräche zu führen", erinnert sich Kuttin. Was ihn aus der Ferne so geärgert hatte. Dass im heimischen Adlerhorst ausgerechnet beim Saisonhöhepunkt in Sotschi der Haussegen schief gehangen war. "Das war auch hausgemacht."
Großes Anliegen
Doch über die Vergangenheit, all die Vorkommnisse und seinen Vorgänger will der 43-Jährige ohnehin kein Wort mehr verlieren. Kuttin hat den Blick in die Zukunft gerichtet und eines hält er auf dem Weg zu alter Stärke und zu neuen Höhenflügen für unerlässlich: den Teamspirit. "Mir war es von Anfang an ein Anliegen, dass wir alle möglichst viel Zeit zusammen verbringen, und das war auch der Wunsch der Sportler", berichtet Kuttin. "Und es ist erfreulich zu sehen, wie das Team in den letzten Monaten zusammengewachsen ist."
Superstar Gregor Schlierenzauer geht mit gutem Beispiel voran. In den vergangenen Jahren hatte der 24-Jährige oft und gerne sein eigenes Süppchen gekocht und für den Olympiawinter sogar ein Team im ÖSV-Team aufgebaut – mit eigenem Trainer, eigenem Materialentwickler, eigener Wettkampfplanung und zwei Beratern in Öffentlichkeitsfragen.
Neuer Ehrgeiz
Heute kann man getrost sagen: All die Extrawürste waren völlig für die Würscht’. Mit zwei Siegen war der vergangene Olympiawinter die schlechteste Saison in der Erfolgsgeschichte des Rekordadlers (52 Weltcupsiege). Nun strotzt Schlierenzauer, der zwischenzeitlich sogar überlegt hatte, eine Auszeit vom Skispringen zu nehmen, wieder vor Tatendrang. Der vergangene Winter hat den 24-Jährigen offenbar bei seinem Ehrgeiz gepackt. "Der Hunger ist jedenfalls da", versichert Gregor Schlierenzauer.
Als Konsequenz auf die Olympiaenttäuschung und als Reaktion auf die immer stärker werdende Konkurrenz aus Polen, Slowenien und Deutschland hat der Tiroler nun auch als einer der letzten Skispringer auf die neue Bindung umgestellt. Eines kann Gregor Schlierenzauer aber bereits vor dem ersten Einzelbewerb in Klingenthal (11.30 Uhr, live in ORF eins) sagen. "Die Bindung verzeiht mehr Fehler."