Sport/Wintersport

Dietharts turbulentes Leben auf Wolke sieben

Thomas Diethart ließ sich nicht lange bitten. Wenn das Idol aus der Kindheit höchstpersönlich um ein Autogramm anfragt, samt persönlicher Widmung obendrein, dann ist das wie ein Ritterschlag. Vor allem, wenn das große Vorbild noch bis vor wenigen Tagen nicht einmal richtig Notiz von ihm genommen hatte.

Es war beim Tourneestart in Oberstdorf, als sich Thomas Diethart und Thomas Morgenstern das erste Mal über den Weg gelaufen sind. Eine Woche später führen die Namenskollegen die Gesamtwertung der Vierschanzentournee an, und der junge Niederösterreicher darf seinem Idol stolz seine allererste Autogrammkarte überreichen.

Bisher war Diethart in seiner Karriere ja ohne Autogrammkarten und eigene Homepage ausgekommen, aber seit dem Sensationssieg beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen fliegen dem 21-jährigen Senkrechtstarter die Fan-Herzen nur so zu. Zumindest einen Helmsponsor hatte er bereits wenige Tage vor der Tournee erhalten.

Bewegte Geschichte

Das Leben des 21-Jährigen ist ordentlich auf den Kopf gestellt worden in den vergangenen Tagen. Diethart gelang in drei Wochen, was vielen Skispringern oft während der gesamten Karriere verwehrt bleibt. Deshalb ist er jetzt auch so ein gefragter Mann. Sein Aufstieg vom völligen Nobody zur Nummer eins fasziniert, seine Lebensgeschichte bewegt: Bub aus dem Tullnerfeld fährt 200 Kilometer zur nächsten Schanze, schläft, um Geld zu sparen, mit dem Papa im Schanzenkammerl, Eltern nehmen einen Kredit auf, um dem Sohn dem Traum von Fliegen zu erfüllen.

Auf Facebook hat Thomas Diethart binnen weniger Tage 15.000 Likes gesammelt, nachdem bekannt geworden war, dass Papa Gernot für den ersten Sieg ein echtes Hausschwein springen lassen will, wurden den Dietharts in den letzten Stunden von Bauern gleich mehrere Schweinderln angeboten.

Daheim in Michelhausen wird ein Public Viewing organisiert, für die Heimspringen am Bergisel und in Bischofshofen haben sich zahlreiche Niederösterreicher angekündigt. Und Hubert Neuper, umtriebiger Organisator der anstehenden Skiflugshow am Kulm (11. und 12. Jänner) will kurzerhand einen Sonderzug von Michelhausen nach Bad Mitterndorf auf Schiene bringen, den Diethart-Express.

Exzellente Technik

Thomas Diethart selbst fühlt sich mitunter wie im Traum. „Wenn mir das einer vor der Tournee prophezeit hätte, hätte ich darüber gelacht“, erklärt der 21-Jährige, dem Trainer Alexander Pointner die beste Sprungkraft in der gesamten Szene attestiert.

Und geht es nach den Kollegen und Rivalen, wird der Shooting Star nicht wie andere Sieger vor ihm rasch wieder als Sternschnuppe verglühen. „Er springt im Moment eine exzellente Technik“, lobt Gregor Schlierenzauer, „rein skisprung- technisch wird er die Tournee auch gewinnen.“

Im Training am Bergisel ließ Flachlandadler Diethart nun erstmals bei der Tournee Federn. In der Qualifikation überzeugte er dann wieder als Zweiter.