Sport/Wintersport/Ski-WM 2019

Walchhofer: "Die Popularität ist extrem gestiegen"

Als das letzte Mal ein Österreicher Abfahrtsweltmeister wurde, hieß der Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Roger Federer hatte noch keinen Grand-Slam-Titel gewonnen und Modern Talking standen noch gemeinsam auf der Bühne. Seit dem Triumph von Michael Walchhofer 2003 in St. Moritz wartet die stolze Skination auf einen neuen Abfahrtsweltmeister.

KURIER: Wenn Ihnen 2003 jemand gesagt hätte, dass Sie 16 Jahre später immer noch der letzte österreichische Abfahrtsweltmeister sind, dann …

Michael Walchhofer: Dann hätte ich das nicht für möglich gehalten. Schon gar nicht damals zu der Zeit, da haben wir praktisch alles gewonnen und die Abfahrt über Jahre auch richtig dominiert. Insofern wäre es schon wieder einmal an der Zeit, dass wir den WM-Titel holen.

Warum ist dem ÖSV dieser Abfahrtstitel so wichtig?

Das liegt in der Tradition und Natur dieser Disziplin. Die Abfahrt an sich ist schon ein Spektakel, das ist ein ständiger Grenzgang, viel mehr noch als in anderen Disziplinen. Das macht es zu etwas Besonderem, gerade in einem Land, das nach wie vor so skisportverrückt ist.

Es ist ja gerne von der Königsdisziplin die Rede. Haben Sie sich damals als König gefühlt?

Ich bin ja schon von Haus aus nicht der Typ, der so etwas braucht, aber man kann schon in Versuchung kommen, sich als König zu fühlen. Du änderst dich als Abfahrtsweltmeister jetzt vielleicht nicht selbst, aber dein Umfeld tut es. Bei mir sind die Popularität und der Bekanntheitsgrad durch den WM-Titel extrem gestiegen. Das zeigt einfach, welchen Stellenwert eine Goldmedaille in der Abfahrt bei uns hat.

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Sie haben auch Kitzbühel gewonnen. Was ist für einen Abfahrer jetzt wichtiger: WM-Gold oder der Streif-Sieg?

Es hilft ungemein, wenn man einmal in Kitzbühel gewonnen hat. Weil du als Abfahrer immer gefragt wirst, ob du eh auch auf der Streif gesiegt hast. Ein Erfolg in Kitzbühel hat einfach einen enormen Stellenwert. Wenn du Abfahrtsweltmeister bist, dann ist das schon noch einmal eine andere Kategorie. Im Idealfall sollte ein Abfahrer natürlich beides gewonnen haben. Mir ist das zum Glück gelungen.

Wie sehr hat sich der Abfahrtssport seit 2003 verändert?

Gar nicht einmal so wild, wie man vielleicht glauben würde. Natürlich entwickelt sich der Athlet weiter, auch das Material, der Sport insgesamt. Allerdings kommt es mir schon auch so vor, dass im einen oder anderen Bereich auch Rückschritte passieren. Ich sehe auch die Gefahr, dass man gewisse Dinge verkompliziert und dabei auf das Wesentliche vergisst.

Sie reden wahrscheinlich von den Materialdiskussionen.

Genau. Ein Typ wie Marcel Hirscher besitzt in diesem Bereich irrsinnige Fähigkeiten und holt da mit seinem Team und seinem Papa extrem viel heraus. Der beherrscht das einfach, die richtige Abstimmung zu finden. Das Problem ist nur, dass viele Athleten weder die Möglichkeiten und schon gar nicht die Fähigkeiten haben, so viel Zeit dafür zu investieren. Und die können sich dann sehr schnell dabei verrennen und machen dann skitechnisch ihre Hausaufgaben nicht mehr.

Bereiten Ihnen die vielen Verletzungen Sorgen?

Der Abfahrtssport wird immer ein Risikosport bleiben. Trotzdem sollte alles unternommen werden, um die Sicherheitsvorkehrungen noch besser zu machen. Bei den Pisten, natürlich auch beim Material. Das sollte in eine Richtung gehen, dass der Körper das auch aushält.

War es für Abfahrer zu Ihrer Zeit sicherer?

Es war ja jetzt wieder davon die Rede, dass man eisige Pisten eher vermeiden sollte. Dem kann ich nicht ganz zustimmen: Wir sind um die Jahrtausendwende auf unglaublich vereisten Pisten gefahren. Das hatte zwar den Effekt, dass du nicht so viel Grip hattest, zugleich waren aber die Kräfte auf den Körper nicht so groß. Insofern war es für den Bewegungs- und Bandapparat damals sicher besser.