Sport/Wintersport

Selbst Schlierenzauer hat Bammel

Gregor Schlierenzauer würde lügen, wenn er behaupten würde, er hätte keinen Bammel. Selbst einem leidenschaftlichen Weitenjäger wie ihm flattern immer ein wenig die Nerven, bevor er auf einer Flugschanze abhebt. "Skifliegen kostet Überwindung", erklärt der Mann, der fliegt wie kein Zweiter. Kein Springer hat mehr Skifliegen gewonnen als Schlierenzauer (zehn Weltcupsiege), keiner holte den WM-Titel in so jungen Jahren: Der Stubaier war gerade einmal 18, als er 2008 in Oberstdorf der Konkurrenz um die Ohren flog.

Aufwind

Doch Respekt und Angst können nie jenem Gefühl die Waage halten, das den Adlern dann in der Luft zufliegt. Es ist ein Gefühl der Freiheit und Leichtigkeit – mit hohem Suchtpotenzial. "Wenn du unten landest, willst du sofort wieder hinauf", erzählt Schlierenzauer. Der Tiroler ist neben seinem Teamkollegen Martin Koch, dem Sieger der Generalprobe in Oberstdorf, die größte österreichische Hoffnung auf eine Medaille bei der Skiflug-WM in Vikersund, die am Freitag mit den ersten Wertungsdurchgängen startet (16.25 Uhr, live in ORF eins, Eurosport, Das Erste). Auch wenn die jüngsten Resultate den Tiroler nicht zum Top-Favoriten stempeln.

Gregor Schlierenzauer sind in den letzten Wochen Souveränität und Sicherheit ein wenig abhandengekommen. Platz 18 in Willingen, Platz 7 in Oberstdorf, dazu ein vermurkster Auftritt im Teamfliegen, der die Österreicher den Sieg gekostet hat – für einen erfolgsverwöhnten Überflieger wie ihn ist das schon ein mittleres Formtief. Denn Schlierenzauer landet im Schnitt in jedem zweiten Weltcupspringen auf dem Podest. Sein Flugschreiber wirft bei 129 Starts 65 Stockerlplätze aus.

Adrenalinkick

Schlierenzauer will sich durch die Formschwankung nicht vom Kurs abbringen lassen. Vor der WM in Vikersund gibt sich der 22-Jährige demonstrativ gelassen: "Ich muss nur mein Paket wieder neu zusammenschnüren." Ein schnelles Feintuning bei der Bindung, eine winzige Änderung beim Schuh – und schwupps sollte er wieder wie in guten alten Zeiten fliegen. "Das Ziel ist es, den Genuss zu spüren und einfach geil zu fliegen", meint der Tiroler. "Skifliegen ist ein Adrenalinkick."

Abflug

Kurz vor dem Bewerb ist Schlierenzauer und seinen Kollegen der Fluglehrer abhandengekommen. Chefcoach Alexander Pointner reiste aus privaten Gründen kurzfristig aus Vikersund ab und wird die Weltmeisterschaft von daheim aus verfolgen. Der Tiroler wird nun auf dem Trainerturm von seinem Assistenten Alexander Diess und Sportdirektor Ernst Vettori vertreten. "Ich habe vollstes Vertrauen in meine Mannschaft und das System, das wir in den letzten Jahren geschaffen haben", sagte Pointner.

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