Eva Pinkelnig, die fliegende Frohnatur
Von Christoph Geiler
Keine Ahnung, was passieren muss, dass Eva Pinkelnig einmal die Zornesröte ins Gesicht steigt und sie einen bösen Blick aufsetzt. Die Wertungsrichter könnten ihre Sprünge mit schlechten Noten von 10,0 abstrafen, die Vorarlbergerin würde trotzdem die Haltung bewahren und sich davon ihre gute Laune nicht vermiesen lassen.
Ja, diese Eva Pinkelnig ist wohl die einzige Teilnehmerin der nordischen WM in Falun, der selbst dann noch ein herzliches Lächeln über die Lippen kommen würde, wenn sich für sie nur Blech ausgehen sollte. "Mein Leben ist im Moment ein einziger Traum", strahlt die 26-jährige Vorarlbergerin, "alles, was jetzt noch kommt, ist Draufgabe."
Karrieresprung
Es ist schon erstaunlich, welchen Karrieresprung Eva Pinkelnig hingelegt hat. Die Dame mit dem Dauerlächeln, die jetzt in Falun zu den Medaillenanwärterinnen zählt, hat das Skispringen erst vor zwei Jahren erlernt. Noch bis vor wenigen Wochen arbeitete die diplomierte Erzieherin in einem Kinderhort.
Als der KURIER vor dieser Saison die Quereinsteigerin vorstellte, da war sie nicht einmal den Schanzen-Insidern ein Begriff. Wo sie doch sogar beim Skiverband mit dem Namen Pinkelnig nichts anfangen konnten: In der dreihundertseitigen Kaderbroschüre des ÖSV scheint die Vorarlbergerin jedenfalls nicht auf. Nicht von ungefähr hatte die aktuelle Weltcupführende Daniela Iraschko-Stolz ihrer neuen Kollegin den Kosenamen UFO verpasst.
Heute ist aus dem unbekannten Flugobjekt längst ein unwiderstehliches Flugobjekt geworden. Pinkelnig, die Frohnatur aus Vorarlberg, der Neo-Cheftrainer Andreas Felder auf die Sprünge geholfen hat, hat sich nicht nur mit ihrer guten Laune und der sympathischen Art im Adlerinnenhorst einen Namen gemacht – die Senkrechtstarterin ist gleich mitten in die Weltspitze geflogen. Als Sechste des Gesamtweltcups feiert die 26-Jährige am Freitag ihr Debüt bei einer Weltmeisterschaft. "Alles ist so aufgegangen, wie ich es mir erträumt habe."
Gratwanderung
Denn der Weg, den sie gewählt hat, war ein gewagter. Für ihren Traum vom Fliegen hat die Vorarlbergerin ihren sicheren Job aufgegeben und ihr Erspartes zusammengekratzt, um die ersten Wochen als Profisportlerin zu überleben. "Es hat sich bezahlt gemacht." Als konstante Top-Ten-Springerin hat sie in ihrem ersten Weltcup-Winter bereits 10.800 Euro Preisgeld verdient, als Belohnung winkt ihr nun die Aufnahme ins Heeressportzentrum. Damen-Chefcoach Felder, der Eva Pinkelnig entdeckt und ins Nationalteam befördert hatte, sieht in der 26-Jährigen eine künftige Siegspringerin. "Wenn sie irgendwann den Telemark vernünftig hinkriegt, dann ist sie ganz vorne dabei."
Saubere Landungen sind noch ihr einziges Handicap. Aber Eva Pinkelnig wäre nicht Eva Pinkelnig, würde sie selbst nach dem wildesten Kacherl nicht herzhaft lachen. "Könnte ich den Telemark auch noch, dann wäre das ja fast schon zu kitschig."