Sport/Wintersport

Die Ski-Welt gibt sich die Kugeln

Man möchte eigentlich meinen, dass das Nervenkostüm von Marcel Hirscher mittlerweile kugelsicher wäre. Nach drei Weltcup-Gesamtsiegen in Serie ist die Jagd nach der großen Kristallkugel für den Salzburger ja beinahe schon Ski-Business as usual. Doch selbst ein Winnertyp wie er verspürt vor dem Weltcupfinale in Méribel noch einen Anflug von Nervosität, Anspannung und Druck. "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, alles ist gerade easy und cool. "

Dabei könnte Hirscher gerade in diesem Winter die letzte Weltcup-Woche relativ easy und cool angehen – verglichen jedenfalls mit den vergangenen Saisonen.

2012 bei seinem ersten Gesamtsieg war der Annaberger mit 55 Punkten Rückstand auf Beat Feuz (SUI) zum Weltcupfinale gereist.

2013 hatte er vor den letzten vier Rennen 149 Zähler Vorsprung auf den Norweger Aksel Lund Svindal.

2014 lag Marcel Hirscher vor dem Weltcupfinale vier Pünktchen vor Svindal.

Ruhekissen

Dagegen wirkt der Punktepolster, den der 26-Jährige für das Saisonfinale in Méribel im Gepäck hat, wie ein Ruhekissen. Bei 164 Zählern Vorsprung auf den Norweger Kjetil Jansrud sollte Hirscher am Sonntag eigentlich die historische Stunde schlagen. Nicht einmal dem großen Ingemar Stenmark war es gelungen, vier Mal in Folge den Gesamtweltcup zu gewinnen. "Jetzt wartet noch ein bisserl Arbeit auf mich, aber ich nehme die Herausforderung an."

Ein bisschen mehr Arbeit steht da in Méribel schon Anna Fenninger bevor, um ihre Mission Titelverteidigung erfolgreich zu beenden. Aber auch die Salzburgerin hat eine bessere Ausgangsposition als im Vorjahr. 2014 musste sie beim Weltcup-Finale noch 29 Zähler auf Maria Höfl-Riesch (D) wettmachen, diesmal geht sie mit 30 Punkten Vorsprung auf die Slowenin Tina Maze in den Zielschuss.

Überhaupt sind vor dem Weltcupfinale erst zwei der insgesamt zehn Kristallkugeln vergeben – einmal von der Nationenwertung abgesehen, die schon seit 1990 ein Fall für Österreich ist. Dem ÖSV winken im Idealfall acht Kugeln, wenn alles schieflaufen sollte, dann schauen nur zwei heraus.

Aber wer wird sich am Ende in Méribel die Kugeln geben? Und welche Läufer sind bereits auf Kurs Richtung Gesamtsieg?Ein Überblick vor dem Weltcupfinale.

Damen

Titelverteidigerin und Weltcupleaderin Fenninger könnte den Vierfach-Jackpot knacken, sie könnte aber auch mit leeren Händen aus Méribel heimfahren.

Abfahrt
Alles läuft auf den siebenten Triumph von Lindsey Vonn im Abfahrtsweltcup hinaus. Die US-Amerikanerin liegt nicht nur 35 Zähler vor Anna Fenninger, ihr liegt auch die Piste in Méribel, wie nicht zuletzt die Bestzeit im ersten Training beweist. Da lag Maze (4.), die auch noch theoretische Chancen auf die Abfahrtskugel hat, knapp vor Fenninger (6.)

Super G
Auch hier heißt das Duell Vonn gegen Fenninger. Die 25-jährige Österreicherin weist aber lediglich acht Punkte Rückstand auf.

Riesentorlauf
Diese Kugel ist jetzt schon in österreichischer Hand – und fast im Besitz von Fenninger. Bei 86 Punkten Rückstand bräuchte Teamkollegin Eva Maria Brem schon ein riesiges Riesentorlauf-Wunder.

Slalom
90 Punkte Vorsprung auf die Schwedin Frida Hansdotter – der Kugel-Hattrick von US-Jungstar Mikaela Shiffrin ist nur Formsache.

Herren

Bei den Herren stehen vor dem Finale bereits zwei Gewinner fest: Marcel Hirscher ist der neue Riese im Riesentorlauf, Kjetil Jansrud der Superman im Super G.

Abfahrt
Mit den beiden Siegen in Garmisch und Kvitfjell hat Hannes Reichelt Leader Jansrud noch einmal gehörig unter Druck gesetzt. Vor der letzten Abfahrt hat sich der Salzburger Super G-Weltmeister bis auf 20 Punkte an den Skandinavier herangepirscht.

Slalom
Marcel Hirscher könnte auf Mikaela Shiffrins Spuren wandeln und sich zum drittel Mal in Serie die Slalom-Wertung sichern. Voraussetzung dafür: er muss 55 Zähler auf den Deutschen Felix Neureuther gutmachen, der seiner ersten kleinen Kristallkugel noch hinterherfährt.