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Wie eine Touristin dank Corona zur Handball-Teamspielerin wurde

Ein Einzelzimmer gilt als Luxus im Teamsport, erst recht im österreichischen Handball, wo Geld traditionell knapp ist. Bei der rot-weiß-roten Damen-Auswahl, die gegenwärtig bei der WM in Spanien weilt, hat mittlerweile kaum noch eine Spielerin eine Zimmerpartnerin. Von paradiesischen Zuständen kann aber keine Rede sein.

Das Coronavirus hat sich als hartnäckiger Spielverderber erwiesen bei der ersten Endrunde seit zwölf Jahren. Noch vor Turnierstart ereilte den Teamchef und seinen Co-Trainer die schlechte, weil positive Test-Nachricht. Sie hoben erst gar nicht ab. Weitere Verdachtsfälle bei Stammspielerinnen erhärteten sich im Laufe der Tage, sie wurden in ihren Hotelzimmern isoliert.

Am Montag, wenige Stunden vor Anpfiff der letzten Vorrundenpartie gegen  Spanien, kam ein weiterer positiver Fall hinzu, ebenso gestern mit Klara Schlegel. „Was in diesen Tagen alles passiert ist, das ist schwer zu verkraften“, sagte Interimstrainer Helfried Müller, Bruder von Teamchef Herbert Müller, nach dem 19:31 gegen Spanien.

Einfacher wird es kaum. Das arg dezimierte Team hat es bravourös in die Hauptrunde geschafft, wo noch drei Spiele bis Sonntag anstehen, das erste davon am Mittwoch gegen Brasilien (18 Uhr/live ORF Sport+). Die Weltmeisterinnen von 2013 überstanden die Vorrunde souverän und ohne Punkteverlust.   

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„Es wird von Spiel zu Spiel schwieriger werden“, glaubt auch Nora Leitner. Für die 19-Jährige war das Corona-Chaos im österreichischen Team ein unverhoffter Sprung auf der Karriereleiter, wenngleich sie das nie so formulieren würde.

Eigentlich wäre Nora Leitner am Dienstag wieder im Flieger Richtung Österreich gesessen; eigentlich ist sie privat und auf eigene Kosten in Spanien. Die Spielerin von Hypo Niederösterreich reiste als Fan nach Torrevieja. Bei der ersten Partie entdeckten sie Kolleginnen und Funktionäre auf der Tribüne – und schon war sie nachnominiert. Das ging, weil sie Teil des 35 Personen umfassenden Großkaders ist, der dem Weltverband gemeldet worden war.

"Anspannung ist groß"

Dass sie ihre gesamte persönliche Handball-Ausrüstung als Touristin mit im Gepäck hatte, war Kalkül, wie die Rückraumspielerin dem KURIER verrät: „Als ich noch in Österreich von den ersten positiven Fällen gehört habe, hatte ich Panik, dass ich vor Ort gefragt werde und nicht alles dabei habe.“

Ihr Pflichtspieldebüt in der vollen Halle gegen Gastgeber und Vizeweltmeister Spanien beschreibt sie als „atmosphärisch toll“, spielerisch überzeugte sie mit vier Treffern bei fünf Würfen. Die Anspannung ist groß, aber weniger vor dem nächsten Gegner, als vor dem nächsten PCR-Test. „Ich gehe fast schon davon aus, dass es mich auch erwischt“, sagt Nora Leitner. Bis vor Kurzem hatte sie noch eine Zimmerkollegin – die ist aber mittlerweile auch positiv.