Warum am Billardtisch trotz Corona Wettkämpfe stattfinden können
Von Christoph Geiler
Das Coronavirus hat den Sport nahezu zum Stillstand kommen lassen. Quer über den Planeten finden praktisch keine Wettkämpfe mehr statt, die meisten Athleten verbringen die Zeit in der Isolation mit Heimtraining. In einem Sport rollen freilich noch immer die Kugeln.
Billard-Spieler Jimmy Riml lieferte sich erst am Wochenende ein packendes Dreiband-Match mit einem Dänen. Am Montag forderte der Tiroler dann einen deutschen Konkurrenten heraus. Riml trug während der Matches keinen Mundschutz, er desinfizierte auch nicht nach jedem Stoß seine Hände. Er tat einfach so, als ob sein Gegner nicht da wäre.
Und das waren die beiden Konkurrenten auch nicht. Jimmy Riml spielte bei sich in Innsbruck, der Däne Kim Bengtsson in der Kleinstadt Store Heddinge, eine Autostunde entfernt von Kopenhagen. Es war ein Spiel auf Augenhöhe (Endstand 1:1) - nur dass sich die beiden nicht Auge in Auge gegenüberstanden. "Es ist im Moment die einzige Möglichkeit, mit- und gegeneinander Sport zu betreiben", sagt der Tiroler.
Wie das funktioniert?
Eine Erfindung des Tirolers und die moderne Technik machen es möglich, dass heute Karambolbillard-Spieler aus der ganzen Welt miteinander spielen können. Sofern man an seinem Billardtisch das Mywebsport-System installiert hat.
Dabei ist über dem Billardtisch eine hochsensible Kamera angebracht, die 50 Bilder pro Sekunde macht und den Weg der Kugeln genau verfolgt. Diese Daten werden in Echtzeit zum Gegner übermittelt, dort zeichnet ein Laser den genauen Standort der drei Kugeln auf den Tisch. Und schon ist das Billardvergnügen garantiert.
Die Spieler sind zudem via Headset und auf einem Bildschirm via Livestream verbunden und können dadurch auch wie bei einem gewöhnlichen Billard-Match miteinander kommunizieren.
Seit eineinhalb Jahrzehnten tüftelt Jimmy Riml an der perfekten Umsetzung von mywebsport. 2008 meldete der ehemalige Staatsmeister das Patent für seine Technologie an, inzwischen stehen seine Billardtische in halb Europa und sogar in Südkorea.
Der ursprüngliche Zweck galt vor allem dem Training. Früher mussten die besten Karambolspieler quer durch Europa reisen, um einen Gegner auf Augenhöhe zu treffen. Inzwischen können sie sich jederzeit duellieren, weil sämtliche Partien archiviert werden und die Lasertechnik mittlerweile so ausgereift ist, dass auch der Verlauf der Kugeln auf den Tisch gezeichnet wird. Und das System dient auch der Spielanalyse: Alte Partien und gewisse Spielsituationen können simuliert werden.
Gut für die Umwelt
Jimmy Riml sieht derweil noch einen weiteren positiven Effekt seiner Erfindung. Anhand des Spielplans der deutschen Dreiband-Bundesliga hat er errechnet, wie viel Zeit die Billardspieler im Auto verbringen, um zu ihren Matches zu gelangen, und welche Auswirkungen die Reisen auf die Umwelt haben. "Wenn man die Spiele über unser System macht, kann man 20 Tonnen CO2 einsparen. Der Umweltgedanke wird immer wichtiger werden."
7.500 Euro kostet die Installierung der Technik, dazu kommen Gebühren für Wartung und die Nutzung. Und Jimmy Riml denkt inzwischen schon einen Schritt weiter. Als Ken Doherty im vergangenen Jahr zu Besuch in Innsbruck war, war der irische Ex-Weltmeister im Snooker (1997) begeistert von der Erfindung. Im Gegensatz zum Karambol-Billard (drei Kugeln) liegen beim Snooker 22 Kugeln auf dem Tisch. "Technisch ist es kein Problem, den Verlauf von 22 Kugeln zu verfolgen", sagt Riml.