Von der Front in die Arena: Die bewegende Geschichte eines Weltmeisters
Von Silvana Strieder
Samstagabend erstrahlte die 3Arena in Dublin in blau-gelb. Der Ukrainer Yaroslav Amosov verteidigte gegen Logan Storley seinen Weltergewicht-Titel bei Bellator, einer der bekanntesten Mixed-Martial-Arts-Organisationen der Welt. Für Yaroslav Amosov war es der 27. Sieg in Folge - nur Khabib Nurmagomedov hält eine längere Siegesserie in der MMA-Szene mit 29 gewonnenen Kämpfen.
Was für jeden Athleten ein absolutes Karriere-Highlight wäre, ist für Amosov längst nicht mehr von großer Bedeutung. "Nummer eins ist es, meine Familie und mein Volk zu retten", sagte der 29-Jährige in einem Interview mit der Kampf-Organisation Bellator.
Krieg gegen die Ukraine
Am 24. Februar 2022 erwachte Amosov in seinem Zuhause in Irpin, an der Grenze zu Kiew, von Stimmengewirr und Bomben-Geräuschen. „Ich schaute aus dem Fenster und sagte zu meiner Frau, ‘Lass uns gehen’“.
Mit dem Auto fuhr er 36 Stunden ohne Schlaf durch, um seine Familie in Sicherheit zu bringen. Wohin genau, wollte er nicht verraten. Danach kehrte der Sportler in seine Heimat zurück und trat dem Militär bei. Manche Bilder von seiner Zeit an der Front verfolgen ihn noch heute: „Tote Zivilisten. Alte Frauen, Kinder, Familien. Ich weiß nicht, warum man eine alte Frau erschießt? Warum man Kinder erschießt? Es sind Zivilisten, es ist nicht die Armee. Warum tut die russische Armee so etwas? Ich verstehe das nicht. Manchmal schlafe ich ein, schließe die Augen und sehe das - und manchmal schlafe ich nicht.“
Gürtel ausgegraben
Bevor auch seine Mutter die Heimatstadt verließ, versteckte sie den WM-Gürtel ihres Sohnes im Keller des Hauses. Ende März eroberten das ukrainische Militär und Amosov die Stadt Irpin zurück. Unter den Trümmern des Familienhauses suchte Amosov nach seinem Gürtel. Ein Kollege filmte den Moment, als Amosov in Militär-Montur aus dem Keller steigt und den in Leinen umwickelten Gürtel auspackt.
Während das Video um die Welt ging, überredeten seine Freunde und der Manager den Sportler, seine sportliche Karriere fortzusetzen. „Sie baten mich zu gehen und sagten, ich muss den Titel verteidigen und der Welt unsere Geschichte erzählen. Ich habe lange darüber nachgedacht - jetzt kämpfe ich für sie und für mein Land.“
Nach seiner erfolgreichen Titelverteidigung will Yaroslav Amosov wieder in die Ukraine zurückkehren und seine Landsleute unterstützen. Ob als Athlet oder wieder an der Front, ließ der Ukrainer noch offen.