Sport

Ein Leben auf dem Holzweg

Da soll noch einmal wer behaupten, die Formel-1-Rennautos würden einen Höllenlärm veranstalten: Neben einer Hot Saw muss sogar der lauteste Bolide leisertreten. Ohne Ohrenstöpsel und Respektabstand kann sie rasch zu einer echten Nervensäge werden.

Wenn Armin Kugler seine Hot Saw anwirft, diese Höllenmaschine von einer Motorsäge, 65 PS, 250 Kubik, 60 Liter Spritverbrauch pro Stunde, 240 km/h Kettengeschwindigkeit, dann macht er aus jedem Holzstamm in Windeseile Kleinholz. So schnell kann man gar nicht schauen, da hat die Nummer eins unter den österreichischen Holzfällern drei dünne Scheiben aus dem Stamm geschnitten – genau so, wie sich’s gehört in der lauten Königsdisziplin der Stihl-Timbersports-Weltmeisterschaft.

Ja, es gibt tatsächlich Titelkämpfe im Baumstämmedurchsägen und Holzhacken – und das hat jetzt weniger mit Machogehabe oder Kraftmeierei zu tun, sondern wird von den Protagonisten als ernsthafter Sport betrieben. "Drei Mal die Woche musst du dafür schon trainieren", berichtet Staatsmeister Kugler, der am Wochenende bei der WM in Innsbruck mächtig auf Holz klopfte. "Unser Sport erfordert Technik, Kraft, Kondition und vor allem viel Konzentration."

Frühe Leidenschaft

Armin Kugler kommt aus dem Waldviertel, woher auch sonst, und er befindet sich schon seit seiner frühesten Kindheit auf dem Holzweg. Andere Kinder spielten mit Schaufel und Rechen in der Sandkiste, aber er griff schon in jungen Jahren zu Axt und Säge. "Den ersten Baum habe ich im Kindergarten gefällt", erinnert er sich. Und spätestens, als er dann in der Landwirtschaftsschule das Sportfällen als Freigegenstand gewählt hat ("wie andere Fußball"), war die Karriere vorgezeichnet.

An die fragenden Blicke und das Stirnrunzeln hat sich der 23-jährige Forstarbeiter längst gewöhnt. Nicht jeder versteht, dass es Männer gibt, die in der Freizeit lieber zur Motorsäge als zum Golfschläger greifen. Noch weniger verstehen, dass jemand dann auch noch abertausende Euro in das Hobby investiert.

Teurer Spaß

Die Sägen und Äxte, die Kugler und seine Kollegen bei der WM verwenden, sind sündteure Sportgeräte, Spezialanfertigungen, die teilweise aus Neuseeland eingeflogen werden müssen. Kuglers Zugsäge kostet etwa 1500 Euro. Immer, wenn er einen neuen Schliff braucht, muss er sie nach Ozeanien schicken. "500 Euro kostet die Reparatur", berichtet er.

Die Hot Saw hat überhaupt schon den Wert eines Kleinwagens – das ist viel Holz für ein Werkzeug, das im Grunde zu nichts taugt. Mit einer Hot Saw hätte ein Ottonormalholzfäller freilich keine rechte Freude: "Das ist ein reines Sportgerät, mit der brauchst du im Wald gar keinen Baum umschneiden, weil die nur eine halbe Minute geht", weiß Kugler.

Übersetzt heißt das: "Das wäre, als würde man mit einem Formel-1-Auto zum Einkaufen fahren."

Die Geschichte

Die Holzfäller aus Tasmanien waren es, die im 19. Jahrhundert schon Meisterschaften austrugen. 1891 fand die erste WM statt. Seit 2001 gibt es die Stihl Timbersports-Wettkampfserie.

Die Disziplinen

Ein echter Holzfäller beherrscht sein Handwerk gleich in sechs Disziplinen.

Hot Saw
Die Königsdisziplin und der mit Abstand lauteste Bewerb. Mit speziellen Motorsägen (65 PS, 240 km/h Kettengeschwindigkeit), müssen aus einem Holzstamm drei dünne Scheiben herausgeschnitten werden.

Single Buck
Mit einer Zugsäge muss ein Holzblock (46 cm dick) durchsägt werden.

Stihl Stock Saw
In dieser Disziplin werden mit handelsüblichen Motorsägen zwei Scheiben aus einem Stamm geschnitten.

Standing Block Chop
Mit der Axt muss ein stehender Holzblock (30 cm) durchtrennt werden.

Underhand Chop
Hier muss ein liegender Holzstamm (32 cm dick) mit der Axt durchgehackt werden.

Springboard
In einen stehenden Holzstamm müssen zwei Kerben gehackt werden, um dort Bretter als Standfläche zu befestigen. Am Ende muss der Holzblock oben durchgehackt werden.