Österreichische Surferinnen auf dem Weg zu Olympia: "Noch nicht fertig"
Wenn Lorena Abicht und Alina Kornelli hier in Hyeres von ihren Aufgaben und Zielen erzählen, klingt das alles wie ein schöner Traum. Es ist harte Arbeit für Körper und Kopf, mehrere Stunden pro Tag am Wasser zu sein. Doch die beiden können kaum genug davon kriegen. Wenn sie am Wasser sind, sind sie in ihrem Element.
Die beiden Deutsch-Österreicherinnen haben bei der derzeit laufenden "Last Chance Regatta" im französischen Hyeres die Chance, sich für die Olympischen Spiele in Frankreich zu qualifizieren. Lorena Abicht mit dem IQ Foil, Alina Kornelli in der Formula Kite.
Was das Segeln und Surfen betrifft, hat Österreich im 470er, 49er, Nacra 17 und in der Formula Kite der Männer bereits Quotenplätze für die Sommerspiele fix. Kornelli und Abicht wollen in dieser Woche zwei hinzufügen. Auch Theo Peter im iQFoil sowie Clemens Kübber und Anton Messeritsch im ILCA 7 könnten es noch schaffen. Valentin Bonus hat den Quotenplatz für die Paris-Spiele als Vorjahres-WM-Vierter gelöst.
Kornelli schrammte bei den bisherigen zwei Olympia-Qualifikationsmöglichkeiten knapp am Quotenplatz vorbei. Sowohl bei der Weltmeisterschaft in Den Haag als auch bei der Europameisterschaft in Portsmouth hat die 23-Jährige das Nationenticket in der bei Olympia neuen Formula-Kite-Klasse nur um jeweils einen Platz verpasst.
Beim olympischen Bewerb in Marseille will die Bayerin, die für Österreich startet, unbedingt dabei sein. Sie hatte sich 2021 entschieden, mit Blickrichtung Olympia für Österreich anzutreten. Die Regatta in Frankreich begann sie am Sonntag mit ein paar kleinen Fehlern. „Das wollte ich vermeiden“, sagt Kornelli, die aber sehr zuversichtlich ist. „Ich war zweimal knapp dran. Zieht man das allgemeine Ranking und meine letzten Leistungen heran, sollte ich in der Lage sein, Österreich hier als eine der fünf Nationen zu qualifizieren.“ Das nötige Selbstvertrauen dafür habe sie.
Kornelli, die im Süden von München aufwuchs, kitet, seit sie ein Kind war und bewegte sich lange in der Freestyle-Szene, wo aber meist wenige Frauen und Mädchen bei den Bewerben waren.
Als es die Technologie des „Foil“ nach Jahren auch nach Deutschland und Österreich geschafft hat, stieg sie um. „Das Foil boomt, auch weil es jetzt olympisch ist“, sagt Alina Kornelli, die sich freut, dass deshalb auch viele Verbände verstärkt darauf setzen. „Kiten ist dadurch schneller geworden und das Trainieren ist auch bei viel weniger Wind möglich“, sagt die Tochter einer Österreicherin und eines Deutschen.
Kitesurfen ist 2024 erstmals Teil des olympischen Segelprogramms
Es hat den Nacra 17 als schnellste olympische Disziplin abgelöst
Die Kitesurferinnen und -surfer gehen nach Geschlechtern getrennt in zwei Disziplinen an den Start
Athletinnen und Athleten können Material verschiedener Hersteller benutzen. Auch die Größe der Kites und Foils kann variieren
Aufgewachsen nahe Bad Tölz hat die Weltenbummlerin derzeit ihre Basis in München aufgeschlagen. Doch die meiste Zeit ist Kornelli in ihrem Van unterwegs, den sie einem Sponsorendeal verdankt. Mal alleine, mal in Begleitung fährt sie damit seit Anfang März durch Europa, um zu trainieren. Bis Ende Mai will sie unterwegs sein – im Gepäck selbstverständlich immer ihre Kite-Ausrüstung.
Vom Boot auf das Brett
Auch Lorena Abicht ist in Hyeres dabei, Kornellis Kollegin im Österreichischen Segelverband, der unter anderem die Kiter und und Surferinnen mitbetreut. Und auch Abicht hat einen Umstieg gewagt. Dieser war bei der 29-Jährigen sogar noch signifikanter als jener ihrer Kollegin: Sie hatte 2018 mit ihrer Segelpartnerin Tanja Frank im 49erFX WM-Silber gewonnen, die beiden waren 2021 bei den Sommerspielen in Tokio dabei. Nach dem Wechsel ihrer Kollegin suchte sie vergeblich eine neue Partnerin und blieb allein im Boot.
„Aber ich war noch nicht fertig mit dem Olympiazirkus“, sagt Abicht, die momentan in Genf wohnt. Deshalb stieg sie vom Boot auf das Windsurf-Brett um – ohne jegliche Vorkenntnisse. „Es hat mir gleich gefallen und ich wusste: Das wird eine Kampagne!“ Der Plan ging trotz starker Konkurrenz auf. Auch sie kann sich in Hyeres mit einem Top-5-Platz für Olympia qualifizieren.
IQ Foil ersetzt bei den Olympischen Spielen Paris als neue Windsurfdisziplin das RS:X (Christoph Sieber gewann in dieser Kategorie Olympiagold 2000 in Sydney)
Der Hauptunterschied zum RS:X besteht darin, dass an der Boardunterseite jetzt ein Foil ist. Anstatt zu schwimmen, scheint das Board über dem Wasser fliegen. Durch die Verwendung eines Hydrofoils, welches an der Unterseite des Boards angebracht wird, kann sich das Board mit Gleitgeschwindigkeit vollständig aus dem Wasser heben, was die Athleten schneller macht
Die Vorerfahrung mit Wasser, Wind und Segel helfe ihr dabei weniger als gedacht, sagt die Umsteigerin, die bereits mit fünf Jahren mit dem Segeln angefangen hat. „Am IQ Foil brauche ich viel mehr Kraft und Ausdauer als im Boot. Ich mag das schnelle Fahren und dass jetzt die ganze Verantwortung auf mir liegt.“
Auch wenn sie „die 49er-Zeit mit Tanja (Frank, Anm) nicht missen“ wolle, sagt sie: „Es gefällt mir, dass ich selbst das Ruder in der Hand habe – oder jetzt eben den Gabelbaum.“