Schmerz lass nach: Zerstört der Tennissport seine Helden?
Es war wahrlich ein exklusives Vergnügen, das Viertelfinalduell bei den Australian Open zwischen dem derzeit besten Tennisspieler der Welt, Novak Djokovic, und seinem japanischen Herausforderer Kei Nishikori am Mittwoch. Die 14.820 Zuseher in der Rod-Laver-Arena von Melbourne konnten jeden Ballwechsel richtig auskosten. Es gab ja auch nicht viele.
76-mal ging der Ball über das Netz, nach 52 Minuten war die prominenteste Partie dieser Night-Session beendet. Beim Stand von 1:6 und 1:4 streikte der Körper von Nishikori endgültig, bereits zuvor hatte er sich auf dem Platz behandeln lassen müssen.
Video: Die Anstrengungen von Kei Nishikori
Es war die bereits sechste Aufgabe im Herren-Einzel bei den diesjährigen Australian Open (darunter auch Dominic Thiem). Im Damen-Bewerb, in dem die Siegerinnen bereits nach zwei gewonnenen Sätzen feststehen, beendeten bisher zwei Spielerinnen noch vor dem Matchball ihre Partie.
Djokovic, der im Halbfinale am Freitag auf den französischen Überraschungsmann Lucas Pouille (Sieg gegen Milos Raonic) trifft, war ob des kurzen Arbeitstages nicht unglücklich: „Das ist genau das, was mir der Doktor verschrieben hat – nicht zu viel Zeit auf dem Platz zu verbringen“, sagte der Serbe, dem im Achtelfinale selbst der Rücken schmerzhafte Probleme bereitet hatte.
Schaden für Spieler und Sport
Vollends zufrieden konnte die Nummer eins der Welt aber dennoch nicht gewesen sein. Die Vielzahl an Spielaufgaben und hartnäckigen Verletzungen im Profi-Tennis beschädigt nicht nur die Körper der Modellathleten, sondern auf lange Sicht auch ihren Sport.
Die Belastungen im modernen Tennis sind enorm, der Turnierplan wird dennoch immer dichter. Den Dezember, den einzig freien Turniermonat, nutzen die Profis intensiv zur Vorbereitung. Immerhin dürfen seit Kurzem sogenannte Veteranen der ATP-Tour jedes der neun Masters-1000-Turniere ohne Begründung und dennoch straffrei auslassen, sofern sie bestimmte Kriterien an Meilensteinen vorweisen können.
Seit 1990 müssen im Schnitt drei Spieler eine Partie bei einem Grand-Slam-Turnier frühzeitig beenden. Dass nun bereits beim ersten Major-Bewerb des Jahres die Liste an Aufgaben überdurchschnittlich hoch ist, kann kein gutes Zeichen sein für den weiteren Saisonverlauf.
In der Liste der zehn Grand-Slam-Turniere mit den meisten Aufgaben stammen neun aus diesem Jahrtausend. Bei den US Open im Spätsommer des Vorjahres kapitulierten insgesamt 13 Herren.
Der prominenteste von ihnen war Rafael Nadal im Halbfinale. Die spanische Nummer zwei der Welt bestritt danach bis zu den diesjährigen Australian Open kein offizielles Tennismatch. So mancher Experte wertet dies als Mitgrund dafür, dass der 32-Jährige in Melbourne bis dato den besten und fittesten Eindruck hinterlassen hat. Im ersten Halbfinalspiel ist Nadal am Donnerstag gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas daher auch Favorit (9.30 Uhr MEZ).
Sein kräfteraubendes Spiel zwingt Nadal immer wieder zu Pausen. Keiner der Topstars ist öfter verletzt als der 17-fache Grand-Slam-Sieger. Seit Beginn der Profikarriere im Jahr 2001 wurden an seinem Körper mehr als zwanzig schwere Verletzungen diagnostiziert.