Olympiasiegerin Kiesenhofer: "Ich hatte jahrelang keine Freunde"
Nach der Goldmedaille im Damen-Straßenrennen absolvierte Anna Kiesenhofer einen Marathon. Für diesen braucht sie ähnlich Kraft wie bei ihrer Meisterleistung auf dem Rennrad in Tokio. „Ich werde bombardiert von Medienanfragen, ich schaffe es nicht einmal, dass ich alle Anfragen lese, geschweige denn beantworte.“
Freund Olivier als Motivator
Am Sonntag war die 30-jährige Niederösterreicherin zu Gast beim Ö3-„Frühstück bei mir“ mit Claudia Stöckl. Im Gespräch zeigte sich die 30-Jährige aus Niederkreuzstetten, die an der Technischen Hochschule in Lausanne als Mathematikerin forscht und unterrichtet, persönlich und erzählte, wer sie zu Spitzenleistungen motiviert: Ihr Freund Olivier, 28, von Beruf Consultant: „Für ihn ist Radsport auch sehr wichtig, wir trainieren auch oft zusammen.“, erzählt Kiesenhofer.
„Wir haben einander in einem kleinen Rad-Klub kennengelernt, als ich vor dreieinhalb Jahren nach Lausanne kam und er war der Erste, mit dem ich kleine Ausfahrten gemacht habe. Er motiviert mich und ist ein Vorbild in Selbstüberwindung und Schmerztoleranz. Mit ihrem Freund aus Fribourg spricht Kiesenhofer französisch. „Wir haben eine kleine Wohnung in Lausanne mit einem Keller, der genauso groß ist wie die Wohnung, und der voller Räder ist.“, sagt die Olympiasiegerin lachend.
Der Preis des Erfolges
Auf Ö3 spricht Kiesenhofer auch über den Preis ihres Erfolges: „Ich war immer eine Streberin. Aber ich würde nicht sagen, dass es gut ist, irrsinnig ehrgeizig zu sein. Ich habe auch die negativen Seiten gesehen, dass ich jahrelang keine Freunde hatte. Ich habe so viel Zeit für Studium und Sport aufgewendet, dass ich alle sozialen Kontakte verlor. Aber ich bin der Typ, der große Opfer in Kauf nimmt, um dann den großen Erfolg zu haben.“
Das Positive an der Goldenen ist, dass „die Medaille mein Selbstvertrauen extrem gesteigert hat. Ich bin zwar immer meinen Weg gegangen, war aber sehr unsicher dabei.“ Außerdem könnte die bekennende Einzelkämpferin sich jetzt sogar vorstellen, Berater an ihre Seite zu holen: „Ich wurde von Leuten kontaktiert, die mich wirklich interessieren. Leute, bei denen ich früher nie das Selbstbewusstsein gehabt hätte, um Rat zu fragen – zum Beispiel hat sich ein Universitätsprofessor, der im Bereich Physiologie arbeitet, gemeldet. Hier wird es sicher zu einem interessanten Austausch kommen.“
Weiter im Radsport
Kiesenhofer hat vor jetzt noch einige Zeit in Österreich zu bleiben, am Freitag wurde sie von Sportminister Kogler zum privaten Austausch geladen. Dem Radsport bleibt sie die nächsten Jahre treu: „Ich werde weiter Radrennen machen und wenn ich damit aufhöre, dann kommen vielleicht Ultraläufe. Ich brauche den Sport.“