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Vettel und Nowitzki auf US-Tournee

Allzu viele Weltstars im Sport hat eine Nation ja nicht. Auch nicht Deutschland. 300 Kilometer trennen Dirk Nowitzki, Deutschlands Sportler des Jahres 2011, und Sebastian Vettel, seinen Vorgänger, dieser Tage voneinander. Gerade einmal 300 Kilometer, das ist im Falle des Basketball-Idols der Dallas Mavericks und des Formel-1-Fahrers, der am Sonntag beim ersten Grand Prix in Austin zum dritten Mal Weltmeister werden könnte, ungewöhnlich wenig.

300 Kilometer, und doch so fern. Die Mavericks sind am Freitag, Samstag und Montag im Liga-Einsatz. Dirk Nowitzki ist nach seiner Arthroskopie zwar noch immer nicht einsatzfähig, er nimmt aber die assistierende Rolle auf der Betreuerbank des NBA-Teams ernst.

Vettel muss sich nach der Premiere auf dem „Circuit of The Americas“ in Austin umgehend auf dem Weg zum Saisonfinale nach Brasilien machen. Daran dürfte wohl auch ein verfrühter WM-Titel nur wenig ändern.

Das Gefühl für die ganz große Kurve kann man Sebastian Vettel nicht absprechen. Wo für den deutschen Formel-1-Fahrer alles begann, könnte sich nun, am Sonntag, der Kreis – vorerst – schließen: in den USA.

Vor fünf Jahren bestritt er für den verletzten BMW-Piloten Robert Kubica in Indianapolis seinen ersten Grand Prix (dass er dabei als jüngster Fahrer der Geschichte in die Punkte fuhr, muss angemerkt werden), am Sonntag dreht sich der 25-Jährige just wieder in den Staaten zum 100. Mal im Kreis.

So nebenbei kann der Red-Bull-Pilot bei seinem Jubiläum zum Chefpilot der Rennserie aufsteigen. Fährt Vettel in Austin 15 Punkte mehr ein als Fernando Alonso (Ferrari), ist er ein Rennen vor Saisonschluss Weltmeister. Zum dritten Mal, und zwar ohne Unterbrechung. Nach dem endgültigen Karriereende Michael Schumachers in der kommenden Woche wäre Vettel dann jener Pilot im Fahrerlager mit den meisten Titeln.

"Die Formel 1 war immer so ein Traum, ganz weit weg", sagte Sebastian Vettel im Juni 2007. Der Traum ist rasende Realität geworden. Im Eiltempo ist Vettel in die Geschichtsbücher gesaust. Selbst Vorbild, Mentor und Freund Schumacher, der lenkende Maßstab aller Formel-1-Fahrer, nahm in jungen Jahren den einen oder anderen Umweg Richtung Legendenstatus.

Im Schnitt gewinnt Vettel jedes vierte Rennen, und das in einer Zeit, in der so viele Sieganwärter wie noch nie am Start stehen. In der ewigen Bestenliste der Formel 1 liegt der Deutsche bereits auf Rang sieben, bei den Polepositions gar schon auf dem dritten Platz.

Dabei könnte Titel Nummer drei zur wahren Meisterprüfung werden: 2010 erfasste Vettel im letzten Saisonrennen die Glückswelle, 2011 ging es im überlegenen Auto fließend von Sieg zu Sieg, doch erst heuer, 2012, musste er gegen harte, unberechenbare Strömungen ankämpfen. "Es ist wichtig, dass man hungrig bleibt und auch Fehler macht, sonst kommt man nicht vorwärts", sagt Vettel mit der Weisheit von 99 Grand-Prix-Starts. Auf die nächsten 100.

Begnadete Körper fliegen an diesem Mittwochabend durch das American Airlines Center von Dallas. Sie dribbeln, passen, werfen, vieles nahe der Perfektion. Am Ende gewinnen die gastgebenden Mavericks dieses Basketball-Spiel gegen Washington mit 107:101. Doch der meiste Jubel wurde ausgelöst, als die Hallen-Kamera zu Beginn der NBA-Partie einen großen, blassen Mann im unscheinbar grauen Anzug einfängt: Dirk Nowitzki.

Sie verehren den 34-jährigen Deutschen hier in der Millionen-Metropole. Als "größten Star" im Norden Texas bezeichnen die Fans Nowitzki. Das mag etwas heißen. Dallas ist eine von zwölf US-Städten, die Teams in den vier großen Sportarten Baseball, Basketball, American Football und Eishockey stellt.

"Dörk", sagt eine Anhängerin und lässt dabei erkennen, dass sein Name im Englischen noch ein bisschen härter klingt, "Dörk ist einer von uns, ein guter Junge." Nowitzki hat den Mavericks 2011 als Kapitän die NBA-Meisterschaft gebracht, die erste in der Klubgeschichte. Für den deutschen Basketball war er schon zuvor der Heilsbringer. "Ich habe mich selbst nie als Botschafter gesehen, sondern als Jungen, der rübergegangen ist und seinen Traum verfolgt hat", sagt Nowitzki. Protz und Prahlerei sind ihm fremd.

Die NBA ist eine der wenigen Ligen, die in fast alle Ecken dieser Welt strahlt. Und der 2,13 Meter große Nowitzki hat sich in zwölf Jahren zu einem ihrer Besten geformt. Lang war er verspottet worden – als verteidigungsschwacher "Irk", da das "D" für Defensive steht und als "NO-Win-Ski", da er mehrmals am Titelgewinn scheiterte. Angebote von besseren Klubs schlug er stets aus: "Mit einem anderen Team den Titel holen, wäre nicht das Gleiche", sagt er, der Liebling.