Formel 1 und Indy 500 im Vergleich
Wie vergleicht man zwei Rennen, die als unvergleichlich gelten? Monaco und Indianapolis trennen 7330 Kilometer Luftlinie und der mächtige Atlantik, doch tatsächlich liegen Welten zwischen dem bedeutendsten Formel-1-Grand-Prix und dem legendären 500-Meilen-Rennen.
Da 18 Richtungswechsel in den engen Gassen des Fürstentums, dort vier Steilwandkurven in der endlosen Weite von Indiana; da Champagner und Luxusyachten, dort Bier und Wohnwagen. Die größte Gemeinsamkeit? Der Renntag: Sonntag.
Wenn sich der Grand-Prix-Sieger gegen etwa 16 Uhr MESZ in der Loge von Fürst Albert die Trophäe abholt, hat er 78 Runden hinter sich – und die 33 Starter in Indianapolis haben noch 200 Runden vor sich (Start: 18 Uhr MESZ). Dass sie für dieses Monsterprogramm lediglich rund 2:40 Stunden benötigen werden, liegt an der atemberaubenden Geschwindigkeit: Mit durchschnittlich 300 km/h sauste Vorjahressieger Ryan Hunter-Reay (USA) durch das Oval. Der erste Sieger des Indy 500 im Jahr 1911 hatte für die gleiche Distanz noch 6:42 Stunden benötigt.
Der Faktor Mensch
Die Raserei in Monaco ist weder so alt (mit wenigen Unterbrechungen seit 1950 im Formel-1-Kalender), noch so schnell. Dennoch gilt die Strecke mit der langsamsten Kurve der Formel 1 (45 km/h in der Loews-Haarnadel) als ultimative Herausforderung für jeden Piloten. Weil alles andere, was auf den Formel-1-Strecken dieses Planeten so wichtig ist, an der Côte d’Azur zur Nebensache verkommt: die Motorleistung, der Reifenverschleiß, die Renntaktik.
"Das Vertrauen in deine Fähigkeiten ist hier entscheidend", erklärt der zweifache Monaco-Sieger Fernando Alonso (McLaren-Honda). Und der WM-Führende Lewis Hamilton (Mercedes) meint gar: "Es ist ein Privileg, hier zu fahren."
Der Nenner Montoya
Privilegiert und talentiert sind freilich auch die Teilnehmer am Indy 500. Obwohl so manchem Benzinbruder aus Europa das Meilen-Sammeln in den Vereinigten Staaten nicht unter die Haut gehen mag. Aussagekräftige Vergleiche können nur die wenigsten anstellen, in den Siegerlisten finden sich nur wenige Übereinstimmungen. Der letzte gemeinsame Nenner heißt Juan Pablo Montoya: Der Kolumbianer gewann im Jahr 2000 als Debütant das 500-Meilen-Rennen, wechselte im Jahr darauf in die Formel 1 und feierte einen seiner sieben Grand-Prix-Siege im Fürstentum.
"Viele Europäer denken, dass Rennfahren im Oval nur bedeutet, im Kreis zu fahren. Aber sie sagen das nur, weil sie keine Ahnung haben", betont Montoya, der mittlerweile wieder im IndyCar auf das Gaspedal steigt und am Sonntag mit bereits 39 Jahren wieder zu den Mitfavoriten auf den Sieg zählt.
In den Anfangsjahren der Formel 1 war das 500-Meilen-Spektakel noch Teil der Formel-1-WM, nach dem Ende dieser Partnerschaft waren nur noch wenige zweigleisig unterwegs. "Ich glaube, der Sicherheitsaspekt schreckt die meisten derzeitigen Formel-1-Fahrer ab", sagt Johnny Herbert. Der Brite gewann in seiner Karriere drei Formel-1-Rennen sowie den 24-Stunden-Klassiker von Le Mans, bei seinem einzigen Versuch in Indianapolis scheiterte er in der Qualifikation – er sagt: "In Indianapolis gibt es keine kleinen Unfälle, wenn etwas schiefläuft. Der Einzige in der Formel 1, der diese Enge wirklich liebt und der die ganz großen Auslaufzonen hasst, weil sie Fahrfehler verzeihen, ist Lewis Hamilton." Der 29-jährige Engländer ist derzeit der schnellste Mann der Formel 1. Auf der schnellsten Rennstrecke der Formel 1, in Monza, fuhr er 2014 durchschnittlich 238 km/h schnell.
In Indianapolis wäre er damit disqualifiziert worden: zu langsam!