Vettels Spazierfahrt durch die Wüste
In der vorletzten Runde verpasste Sebastian Vettel der gesamten Konkurrenz eine schallende Ohrfeige. Mit 15 Sekunden Vorsprung fuhr der Dreifach-Weltmeister überlegen seinem 28. Sieg entgegen. Und trotzdem brannte der 25-Jährige mit seinem Red Bull noch die schnellste Rennrunde in den heißen Asphalt in der Wüste von Bahrain.
Wie im Vorjahr gewann Sebastian Vettel den Grand Prix im Königreich vor den beiden Lotus-Fahrern Kimi Räikkönen (Fin) und Romain Grosjean (F). In seinen schönsten Träumen hätte sich der Deutsche seinen Arbeitstag nicht so entspannt vorstellen können. Nur in den ersten Kurven musste Vettel hart kämpfen und sich gegen Fernando Alonso und Poleposition-Mann Nico Rosberg durchsetzen. Danach fuhr er auf und davon und ungefährdet zum zweiten Saisonsieg.
Loblieder
„Das war ein tolles Rennen. Fehlerfrei von Anfang bis zum Ende“,sagte Vettel, nachdem er auf dem Podest glücklich sein Rosenwasser verspritzt hatte. „Das Auto war sehr schnell, es schien im Finish sogar immer schneller zu werden. Phänomenal! Das hatte ich so nicht erwartet.“
Der österreichische Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko war voll des Lobes: „Ein perfektes Rennen vom Sebastian. Das Auto war sensationell und wir konnten relativ leicht zu einem souveränen Sieg fahren.“
In der WM-Wertung konnte sich Titelverteidiger Vettel (77 Punkte) gemeinsam mit Räikkönen (67) etwas absetzen. Der coole Finne zeigte in der Wüste einmal mehr, dass er mit seinem Lotus und den Pirelli-Reifen eine Einheit bildet und kam als einer von wenigen Fahrern mit nur zwei Boxenstopps durch. „Die Zwei-Stopp-Strategie war für mich und unser Team ideal.“
Für einige andere Protagonisten war das Wochenende eine einzige Enttäuschung: Ferrari-Star Fernando Alonso, der in Bahrain schon drei Mal gewinnen konnte, wurde durch einen Defekt am Heckflügel gebremst und konnte sein DRS nicht mehr verwenden. Der Spanier kämpfte sich ins Ziel durch und holte als 8. noch 4 Punkte für die WM. Teamkollege Felipe Massa hatte gleich zwei Mal Schaden am rechten Hinterreifen und wurde 15.
Traurig verlief das Rennen auch für Vettels Teamkollegen und neuerdings Intimfeind Mark Webber. Der Australier konnte nach seinem 200. Grand Prix nicht wirklich feiern – nur Platz sieben. Bitter enttäuscht war Pole-Mann Nico Rosberg, der vier Mal zum Reifenwechsel an die Box musste. „Ich bin nur rumgerutscht“, sagte der Deutsche. „Das ist so was von ernüchternd.“
Die Formel 1 macht nun Pause und übersiedelt nach Europa. Dort will der Spanier Alonso beim Grand Prix von Spanien in Barcelona am 12. Mai zurückschlagen.
Endstand nach 57 Runden: | ||||
1. | Sebastian Vettel | GER | Red Bull | 01:40,0 |
2. | Kimi Räikkönen | FIN | Lotus | 9,1 |
3. | Romain Grosjean | FRA | Lotus | 19,5 |
4. | Paul di Resta | GBR | Force India | 21,7 |
5. | Lewis Hamilton | GBR | Mercedes | 35,2 |
6. | Sergio Perez | MEX | McLaren | 35,9 |
7. | Mark Webber | AUS | Red Bull | 37,2 |
8. | Fernando Alonso | ESP | Ferrari | 37,5 |
9. | Nico Rosberg | GER | Mercedes | 41,1 |
10. | Jenson Button | GBR | McLaren | 46,6 |
11. | Pastor Maldonado | VEN | Williams | 01:06,4 |
12. | Nico Hülkenberg | GER | Sauber | 01:12,9 |
13. | Adrian Sutil | GER | Force India | 01:16,7 |
14. | Valtteri Bottas | FIN | Williams | 01:21,5 |
15. | Felipe Massa | BRA | Ferrari | 01:26,3 |
16. | Daniel Ricciardo | AUS | Toro Rosso | eine Runde |
17. | Charles Pic | FRA | Caterham | eine Runde |
18. | Esteban Gutierrez | MEX | Sauber | eine Runde |
19. | Jules Bianchi | FRA | Marussia | eine Runde |
20. | Max Chilton | GBR | Marussia | eine Runde |
21. | Giedo van der Garde | NED | Caterham | 2 Runden |
Out: Jean-Eric Vergne (FRA) |
„Proteste? Ausschreitungen? Ich habe keine Proteste gesehen“, sagte Bernie Ecclestone im Laufe der vergangenen Woche immer wieder. Sonntag hätte der Boss der Formel 1 einfach schauen sollen, welche Fotos den Zeitungsredaktionen in aller Welt aus Bahrain zugespielt wurden. Schwarze Rauchschwaden standen über der Hauptstadt Manama, Autoreifen brannten, ein Holzlager wurde angezündet. Polizei und Feuerwehr waren im Einsatz.
Sechs Stunden vor dem Rennen protestierten maskierte Jugendliche auf den Straßen und riefen Slogans gegen das „Blutrennen“ der Formel 1. Die Polizei setzte Tränengas ein. Bereits am Samstag waren Hunderte Menschen dem Aufruf der Bewegung gefolgt, auf dem Perlenplatz in Manama zu demonstrieren. Auch sie wurden mit Tränengas auseinander getrieben.
Die Bevölkerung von Bahrain ist mehrheitlich schiitisch, das Königreich wird aber seit Jahrhunderten von einer sunnitischen Dynastie regiert. Im März 2011 war der Perlenplatz das Zentrum der Proteste einer schiitischen Opposition. Die Demonstrationen wurden mithilfe saudiarabischer Truppen blutig niedergeschlagen. Jugendliche Mitglieder der Bewegung fordern den Sturz des Königs, die gemäßigte Opposition fordert die Errichtung einer echten parlamentarischen Monarchie, in der das Parlament die Regierung bestimmt.
Deutschland
Abendzeitung: "'Sehr gut, Sebastian!' Der Weltmeister im Red Bull gewinnt souverän in Bahrain - von Reifenproblemen ist nichts zu merken. Es war Vettels bislang beste Leistung diese Saison."
Berliner Morgenpost: "Vettel gewinnt die schönste Trophäe in der Formel 1. Sieg in Bahrain Befreiungsschlag für Red Bull. Unruhen überschatten das Wüstenrennen."
Bild: "Vettel-Sieg mit Frauen-Power. Vettel & seine Gill. Die Chef-Elektronikerin durfte mit aufs Podest. Sebastian Vettel (25) gewinnt in Bahrain, holt danach seine Gill aufs Podest. Wer sie ist? Sie ist die schlauste Frau bei Red Bull. Und jetzt kennt sie die ganze Welt! (...) Gill Jones, 40 Jahre alt und Chef-Elektronikerin beim Weltmeisterteam Red Bull."
Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Einsam und cool in der Wüste. Sebastian Vettel (Red Bull) gewinnt überlegen den Großen Preis von Bahrain. Mercedes hingegen geht die Luft aus."
Stuttgarter Nachrichten: "Jubel und Jammer. Es war ein Rennen wie gemalt für Sebastian Vettel: Er kontrollierte den Großen Preis von Bahrain, die härtesten WM-Rivalen - mit Ausnahme von Kimi Räikkönen - lagen weit zurück. Und für Nico Rosberg war der Grand Prix in der Wüste nach der Pole-Position vom Samstag eine einzige Enttäuschung. Vettel fährt in Bahrain zu einem überlegenen Triumph - Rosberg wird auf Platz neun durchgereicht."
Stuttgarter Zeitung: "Eine Spazierfahrt reicht zum Sieg. Sebastian Vettel gewinnt das umstrittene Rennen in Bahrain spielend leicht vor Kimi Räikkönen und Romain Grosjean."
Süddeutsche Zeitung: "Saubere Spur im Sand. Mit einem überlegenen Sieg beim vierten Saisonrennen in Bahrain baut Sebastian Vettel seine Führung in der Gesamtwertung aus. Der Formel-1-Weltmeister profitiert von einer Pannenserie seiner Konkurrenten."
Tagesspiegel: "Das große Staunen. Vettel ärgert bei seinem Sieg in Bahrain die Rivalen und das eigene Team."
Die Welt: "Vettel verhilft Red Bull zum Befreiungsschlag. Formel-1-Weltmeister feiert in Bahrain den zweiten Saisonsieg. Unruhen in Manama."
Schweiz
Neue Zürcher Zeitung: "Zynischer Ecclestone - Ausschreitungen vor dem GP. Die Formel-1-Karawane zieht weiter und hat die Diskussionen um die Menschenrechtsverletzungen auf der Insel im Arabischen Golf schon vergessen. Der Grand-Prix-Promoter Bernie Ecclestone verweist auf Veranstalter-Umfragen, wonach 77 Prozent der Bahrainer mit dem Gastspiel der Formel 1 zufrieden seien."
Tagesanzeiger: "Vettels Solo, Ferraris Frust."
Italien
La Gazzetta dello Sport: "Vettel-Show. Seb dominiert. Was für ein Pech für Alonso und Massa."
Corriere dello Sport: "Zu viele Probleme bei Ferrari, Vettel hat leichtes Spiel."
Tuttosport: "Ein Problem am Auto bremst Alonso aus. Vettel siegt."
La Repubblica: "Der Außerirdische ist wieder da! Vettel dominiert den Grand Prix von Bahrain vom Start bis ins Ziel."
Corriere della Sera: "Vettel beherrscht Bahrain. Ferrari im Pech."
Spanien
Sport: "Ein schwarzer Tag von Ferrari verleiht Vettel in der Wüste Flügel."
Marca: "Vettel erteilt eine meisterhafte Lehrstunde."
El Mundo Deportivo: "Ferrari macht den Weg frei für Vettel.
El Pais: "Ein Defekt am Heckflügel des Ferrari von Alonso macht den Weg frei für den Meister aus Deutschland, der mit einem bis zum Ende anhaltenden teuflischen Rhythmus die Lotus-Piloten Räikkönen und Grosjean auf die Plätze verweist."
El Mundo: "Nach dem Defekt am DRS-System von Alonso hat Vettel in Bahrain einen Spaziergang gemacht."
As: "Alonso ohne Flügel: Der Spanier von Ferrari hatte während des gesamten Rennens mit Problemen am Heckflügel zu kämpfen und musste kämpfen, um Achter zu werden. Währenddessen zieht Vettel nach einem weiteren Sieg in der Weltmeisterschaft davon."
Großbritannien
Daily Mirror: "Wüsten-Deja-vu: Ein Duell des McLaren-Duos und ein großartiger Sebastian Vettel, der zu einem komfortablen Sieg braust."
The Times: "Lasst uns den Spirit von McLaren feiern, der im Bahrain-Grand-Prix der Formel 1 den Sport zurückgebracht hat. Sie haben es abgelehnt, die gefürchtete Team-Order durchzusetzen, um ihren Nachwuchsmann Sergio Perez im Zaum zu halten. Sie ließen ihn seinen eigenen Wüstensturm entfachen und Jenson Button herausfordern, seinen älteren Teamkollegen und früheren Weltmeister."
The Independent: "Es war eine derartige Überlegenheit des Red-Bull-Fahrers, der fast zehn Sekunden vor Kimi Räikkönen und dessen Lotus-Teamkollege Romain Grosjean gewann, dass sich das Interesse auf das gute, altmodische Rennen im Rückspiegel des Führenden konzentrierte. Von all den Duellen auf der Strecke war das zwischen den McLaren-Kollegen Button and Sergio Perez das intensivste."
The Guardian: "Man brauchte einen Tunnelblick mit Filter, um den Bahrain Grand Prix am Sonntag zu sehen - um das eigentliche Ereignis von dem absurden Zirkus zu trennen, das es umgab - mit Politikern, PR-Leuten, königlicher Familie, Polizei, Sicherheitskräften und Aktivisten, alle bemüht in eigener Sache."
Frankreich
Liberation: "Vettel fährt davon, die anderen zerfleischen sich."
Le Figaro: "Unantastbar. Sebastian Vettel stellt die Konkurrenz in den Schatten."
L'Equipe: "Nicht ein Sandkorn stört Vettel. Der Große Preis von Bahrain ist ein Traumrennen für den Red-Bull-Piloten und die Lotus. Aber Ferrari erlebt einen Alptraum."