Leichtathletik-EM: Bereit für den großen Wurf
Lukas Weißhaidinger ist hungrig. Nicht nur hungrig auf den Erfolg, sondern im Wortsinne. „Ein Löwe muss auch erst jagen, bevor er essen kann.“ Deshalb hat der Diskuswerfer in den Wochen vor der heute, Montag, beginnenden Leichtathletik-EM in Berlin seine tägliche Kalorienzufuhr zurückgeschraubt. 4500 Kalorien verdrückt er an einem harten Trainingstag, deutlich weniger in den vergangenen Tagen. „Wer zu viel isst, ist eher entspannt“, sagt der Oberösterreicher, 1,97 Meter groß und 147 Kilogramm schwer.
Lukas Weißhaidinger benötigt die Anspannung vor seinen Auftritten am Dienstag (Qualifikation) und hoffentlich am Mittwoch (Finale). Gemeinsam mit Siebenkämpferin Ivona Dadic zählt der 26-Jährige zu den Medaillenkandidaten im rot-weiß-roten Team. Mit 16 Teilnehmern stellt Österreich das größte EM-Aufgebot seit 32 Jahren. Den Anfang machen am Montag die 100-Meter-Sprinter Markus Fuchs und Alexandra Toth.
Eine EM-Medaille wie sie Weißhaidinger und Dadic anstreben, hätte für den Verband historische Dimensionen. Es gab erst neun bei 24 Titelkämpfen, der letzte Europameistertitel liegt 47 Jahre zurück (Hochspringerin Ilona Gusenbauer).
Perfekter Plan
Weißhaidinger ist bereit für den großen Wurf. Der Sechste der Olympischen Spiele in Rio hat heuer den österreichischen Rekord auf 68,98 Meter verbessert. Zudem hat er die Qualifikation für das lukrative Diamond-League-Finale in Brüssel geschafft. Die EM-Generalprobe beim Meeting in Andorf, ganz in der Nähe seiner Innviertler Heimat, ist gut verlaufen.
Dort hat Weißhaidinger schon den zeitlichen Ablauf der EM geprobt. Das Experiment ist geglückt, Weißhaidinger kam auf 65,57 Meter.
Bei Großwettkämpfen gibt es ein strenges Protokoll. „Man kann sich bei einer EM nicht so frei bewegen, wie man gerne möchte“, erklärt Trainer Gregor Högler. Im „Call Room“ ist es 30 Minuten vor dem Bewerb eng und voll, dann gibt es zwei Probewürfe und es geht los. „Alle reden schon vom Finale und von einer möglichen Medaille“, sagt Weißhaidinger, „aber das Schwierigste ist zuerst die Qualifikation. Da kann viel schieflaufen. Das Finale ist die Draufgabe.“
Zehn seiner Konkurrenten haben schon Medaillen bei Großereignissen geholt, Weißhaidinger, die Nummer drei der europäischen Saisonbestenliste, noch nicht. Gregor Högler weiß um die Medaillenchance seines Schützlings: „Es ist alles da. Er hat die Kraft, er hat die Technik.“ Mit seinen 26 Jahren kommt Weißhaidinger allmählich in das beste Alter für einen Diskuswerfer.
Glänzende Aussichten
Eine glänzende Zukunft wird auch der 24-jährigen Ivona Dadic vorausgesagt. Nur vergoldet ist die Siebenkämpferin, deren Bewerbe am Donnerstag und Freitag anstehen, noch nicht. EM-Bronze holte die Welserin vor zwei Jahren, gar WM-Silber gab es im Winter im Fünfkampf in der Halle.
„In der Halle habe ich meine Leistungen gut abrufen können und Silber gewonnen, draußen ist der optimale Wettkampf noch nicht passiert. Sie waren gut, aber nicht sehr gut“, glaubt Dadic an ihr Potenzial. In Berlin werde man mindestens 6500 Punkte für einen Stockerlplatz benötigen, rechnet Dadic vor. Nötig wäre daher die Verbesserung des eigenen Österreich-Rekords (6417). „Ich traue mich zu sagen, dass ich das kann.“
Mitunter wird Dadic von ihren Landsfrauen zu Höchstleistungen angetrieben. Mit Verena Preiner und Sarah Lagger stehen in Berlin zwei weitere Österreicherinnen am Start. „Ich glaube, dass sie gemeinsam schön angreifen können“, sagt Cheftrainer und ÖLV-Sportdirektor Gregor Högler.