Sport

Klug: „Nichts dem Zufall überlassen“

Am Montag vor einem Jahr endeten in London die Olympischen Spiele 2012 mit einem Debakel für Österreich: null Medaillen. Der damalige Bundesminister für Landesverteidigung und Sport, Norbert Darabos, sorgte mit seiner Aussage über österreichische „Olympia-Touristen“ für Aufregung. Sein Nachfolger Gerald Klug blickt im KURIER-Interview in die Zukunft. Sein Büro in der Rossauer Kaserne beeindruckt nicht nur durch die Größe: An den Wänden hängen großformatige Fotos von österreichischen Soldaten und österreichischen Sportlern. „Mir war bei den Bildern wichtig, dass die gemeinsame Ressortverantwortlichkeit von Sport und Landesverteidigung zum Ausdruck kommt“, sagt Klug und legt wert auf die Feststellung: „Es ist ein sehr großzügiges Büro. Aber es hat kein Sozialdemokrat so umgebaut.“

KURIER: Was sagen Sie zum Abschneiden 2012?
Gerald Klug:
Ich habe damals auch mit einem gewissen Nationalstolz gehofft, dass wir besser reüssieren. Aber nach vielen Gesprächen mit den Sportlern ist mir klar, dass man die Fehler keinesfalls bei den Athleten suchen darf. Die haben für London hart trainiert und Entbehrungen auf sich genommen.

Aber wer ist nun Schuld an dem Desaster von London?
Also Desaster ist übertrieben. Wir hatten 17 Top-Ten-Platzierungen. Darauf können wir aufbauen. Aber aus meiner Sicht hat man über Jahre, insbesondere bei der Sportstätten-Infrastruktur, zu wenig hingeschaut.

Inwiefern?
Ich habe mir in Wien angeschaut, wie die Ringer trainieren: In einem umgebauten Gasthaus in einem Randbezirk. Und wenn mir Sportler sagen, dass in ihren Duschen Viecher rennen, geht das nicht. Unser Ziel ist ein Spitzensportstätten-Masterplan. Der erste Schritt dazu ist schon getan.

Kann man die Defizite in den Sportstätten beziffern?
Ich bin auf der einen Seite Sportpolitiker, da könnte ich die Latte plakativ sehr hoch ansetzen. Auf der anderen Seite bin ich Teamspieler und dem Budgetpfad der Bundesregierung verpflichtet. Ich weiß, dass man mit öffentlichen Mitteln sehr sorgsam umgehen muss. Insofern war der erste Schritt im Spitzensportstätten-Masterplan mit knapp sechseinhalb Millionen Bundesmitteln ein beachtlicher. Weitere Schritte werden folgen müssen. Da spreche ich aus heutiger Sicht von rund 30 Millionen Euro.

Und dann gibt es das klare Ziel Rio 2016.
Beim Projekt Rio 2016 investieren wir ganz gezielt in zirka 60 Hoffnungsträger, bei denen wir Potenzial für Spitzenleistungen erkennen. Dafür stehen in einem ersten Schritt bis Anfang September 2,2 Millionen Euro zur Verfügung. Wir brauchen Vorbilder im Spitzensport. Wenn es uns gelingt, über diese Vorbilder wieder Begeisterung für einige Sportarten zu erreichen, wecken wir schlummerndes Potenzial.

Welche Rolle spielt Peter Schröcksnadel in dem Projekt Rio 2016?
Peter Schröcksnadel führt intensive Gespräche als Hauptverantwortlicher. Ich bin mit ihm in einem ständigen Austausch über neue Erfahrungen. Er nimmt sich Zeit für die Athleten, um ihre Bedürfnisse zu erfahren. Ich freue mich auch, dass er Gespräche mit Dinko Jukic gehabt hat, die mich vorsichtig optimistisch stimmen.

Worum wird es bei dem Projekt im Detail gehen?
Wir dürfen nichts dem Zufall überlassen. Wir müssen etwa Windkanalmessungen durchführen, wir müssen unsere sportlichen Gegner beobachten, was die anders oder besser machen. Und wenn zum Beispiel die Beachvolleyballer sagen: Auf dem Sand von Rio springt man ganz anders, dann werden wir einen Sand aus Rio für das Training auftreiben.

Wäre es eine Idee, alles auf eine Karte zu setzen, alles Geld in ein, zwei Sportarten zu investieren? Denn wenn das Geld auf 30 Sportarten aufgeteilt wird, wird vielleicht zu wenig Geld zu Gold gemacht.
Eine Verengung beunruhigt mich. Außerdem weiß ich nicht, ob es eine Formel für Wahrscheinlichkeitsrechnungen gibt im Zusammenhang mit Goldmedaillen. Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist. Wir werden aber auch nicht mit der Gießkanne arbeiten. Wir werden genau diesen goldenen Mittelweg gehen.

Also Bronze?
Die Begrifflichkeit vom Mittelweg nehme ich wieder zurück. Denn aus Gesprächen mit den Sportlern weiß ich, dass das das Letzte ist, was sie hören wollen.

Darf ein Sportminister öffentlich Emotionen zeigen?
Ein Sportminister ist Gott sei Dank auch Mensch. In der Landesverteidigung kann ich mir Emotionen nur selten leisten, im Sport aber sind sie naheliegend. Egal, ob man jetzt beim sechsten Tor gegen die Färöer Inseln zum sechsten Mal aufspringt und die Faust ballt.

Passen Verteidigungs- und Sportministerium zusammen?
Sie passen ideal zusammen. Ich versuche auch immer, Brücken zu bauen. Im Projekt Wehrdienst Neu habe ich den Sport deutlich breiter aufgestellt für unsere 22.000 Rekruten, die alle Jahre zu uns kommen. Denn dieses Signal habe ich von den Rekruten erhalten. Aber wir werden aus dem Wehrdienst kein Sportcamp und auch keinen Wellness-Urlaub machen.