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Handball: Ein Unruhepol als Rückhalt

Wer Thomas Bauer gegenübersitzt, der ahnt nichts von dem Wahnsinn, der den 26-Jährigen mitunter antreibt. "Ein Tormann eben", scherzt Konrad Wilczynski, sein Kollege im Nationalteam.

Thomas Bauer lässt nur wenige kalt. Er fliegt spektakulär durch seinen Arbeitsplatz, den Torraum, er gestikuliert, er schreit, er dreht sich zum Publikum und jubelt. Beim Hinspiel im WM-Play-off vergangene Woche in Mazedonien entlud sich die Stimmung: Pfiffe, Beschimpfungen und Wurfgeschoße aller Art prasselten von den Rängen auf Bauer ein. Mit starken Paraden hatte er Österreichs Team bei der 21:26-Niederlage im WM-Rennen gehalten und dabei das Publikum mit seinen Posen erzürnt.

"Ich will keinem meiner Spieler den Charakter nehmen", sagt Teamchef Patrekur Johannesson vor dem Rückspiel in der Wiener Albert-Schultz-Halle (Samstag, 20.20 Uhr, ORF Sport +), "aber da ist Thomas über das Ziel hinausgeschossen."

Bauer sitzt neben seinem Coach und nickt. Er weiß, dass Show und Spektakel alleine nicht reichen werden, um den Rückstand gegen den EM-Fünften wettmachen zu können. Im Angriff müssen die technischen Fehler (17 im Hinspiel) minimiert werden, im Tor müssen Bauer und sein Kollege Marinovic zumindest eine ähnliche Quote (14 Paraden) wie in Skopje garantieren. "Wir haben es selbst in der Hand", sagt Bauer.

Am Ziel

Kaum jemand im Team läuft dieser Tage mit breiterer Brust über das Parkett als er. Mit dem Dorfklub Neuhausen gelang ihm vor wenigen Wochen der Sprung in die Deutsche Bundesliga. Mit 26 Jahren ist Bauer nun am Ziel seiner Träume angekommen – in der besten Liga der Welt.

"Ich kenne nur wenige, die in ihre Karriere so viel investiert haben wie er", sagt Wilczynski und zeichnet damit ein zweites Bild von seinem Kollegen: jenes vom akribischen Arbeiter und Musterprofi. "Sie warten in Deutschland nicht auf uns Österreicher", sagt Bauer. Also nahm er 2009 den Hörer in die Hand und telefonierte. Mit Zweitliga-Klubs, die er um ein Probetraining anbettelte.

Mutig nannten das viele, wahnsinnig andere.