Sport

Bernd Wiesberger, einsamer Meisterschwinger

Die wichtigste Neuerung bei Bernd Wiesberger im Jahr 2014 betrifft exakt die Gürtellinie: Seit Anfang dieses Jahres fixiert der 28-jährige Burgenländer seine Golfhosen mit einer Gürtelschnalle, auf der das markante Red-Bull-Logo prangt.

"Es ist eine Ehre und Bestätigung meiner Arbeit, Teil dieser Familie zu sein", sagt Wiesberger. Österreichs erfolgreichster Golfer der Geschichte scheint endgültig angekommen in der rot-weiß-roten Sportlandschaft – zwischen Hahnenkamm und Happel-Stadion, zwischen abfahrender Hysterie und kickender Hoffnung.

Bei der Wahl zu Österreichs Sportler des Jahres 2013 wurde Wiesberger Fünfter. Immerhin. "Erfolge werden gewürdigt", sagt er, "aber eines muss klar sein: Golf wird in Österreich nie einen höheren Stellenwert haben als der Skisport."

Namhafte Partner

Neben dem Energy-Drink-Hersteller und PR-Giganten aus Salzburg zählt der Golfer auch den zweiten großen Player auf dem österreichischen Sportsponsoring-Markt zu seinen Partnern: den Raiffeisen-Konzern.

Am Mittwoch, dem Tag vor dem European-Tour-Turnier in Atzenbrugg, in das Wiesberger solide starten wird (siehe unten), hatte sein neuer Sponsor auf die Terrasse des VIP-Klubs geladen. Wiesberger wirkt entspannt, obwohl der Druck groß ist. Die Besucherzahlen am Wochenende hängen auch mit seinem Vorrundenergebnissen zusammen. "Ich bin mir dieser Verantwortung durchaus bewusst", sagt er, "mir ist klar, dass ich auf einem österreichischen Golfplatz keine Ruhe mehr habe."

Kaum ausgesprochen, bittet jemand auf der Terrasse um ein Foto. Wiesberger lächelt artig. Klick – und fertig.

Wenig Konkurrenz

Durch den Rücktritt von Routinier Markus Brier im Vorjahr gibt Wiesberger mittlerweile den rot-weiß-roten Alleinunterhalter auf der European Tour. "Ich werde es auch überleben, wenn keiner nachkommt", sagt er.

Golf ist ein individuelles Spiel – und dennoch alleine unmöglich erfolgreich zu bewältigen. Wiesberger erweiterte heuer sein Team um einen zweiten Coach. Ansonsten vertraut der 28-Jährige auf seine Familie: Vater, Mutter, Bruder. "Es braucht manchmal auch die Konsequenz, ‚Nein‘ zu sagen, damit das Umfeld nicht zu groß wird", sagt der Profi.

Lediglich auf dem lukrativen wie umkämpften Golfmarkt in den USA lässt sich Wiesberger von der Wasserman Media Group vertreten. Die Agentur betreut neben Golfern auch andere Sportstars wie den englischen Fußballer Steven Gerrard.

Großes Ziel

Die USA. Das Sehnsuchtsziel. Dahin sollen künftig auch die Dienstreisen von Wiesberger vermehrt gehen. "Es ist das Paradies für jeden Golfer", sagt er. Mit einem Sieg in Atzenbrugg könnte er noch in letzter Sekunde auf jenen Zug aufspringen, der in der kommenden Woche die besten sechzig Golfer der Welt zu den US Open bringt. Wiesberger wäre der erste Österreicher, der dort abschlagen darf.

Als magische Grenze, um bei allen großen Turnieren spielberechtigt zu sein, gelten die Top 50 der Weltrangliste. Der Name Wiesberger scheint derzeit auf Rang 69 auf. "Top 50 mag in vielen Sportarten nicht überragend sein, im Golf ist es eine Wucht", erklärt er.

Der Weg dorthin ist langwierig. Nur wenige Sportarten sind komplexer in ihren Bewegungsabläufen: Bereits die Haltung des kleinen Fingers kann Großes verändern. Verbesserungen erfordern mitunter Wochen am Übungsgelände.

"Manchmal muss ich mich zum Trainieren zwingen", gibt Wiesberger zu. Nachsatz: "Aber eine gute Runde ist der pure Genuss."